§ 18. 19
Der Krieg. — Der Friede zu Utrecht.
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wandten sich Karl zu. Er war schon einmal bis nach Madrid vor-
gedrungen und zog jetzt nach mehreren Siegen des kaiserlichen Feldherrn,
der ihn begleitete, zum zweitenmal in der Hauptstadt ein. Ludwig knüpfte
daher die abgebrochenen Unterhandlungen wieder an. Man forderte jetzt
von ihm, er solle seinen Enkel durch seine Heere aus Spauien vertreiben.
Der König erbot sich, Hilfsgelder zur Vertreibung Philipps zu zahlen,
weigerte sich jedoch beharrlich, seine Heere gegen ihn auszusenden.
Aber im folgenden Jahre wandte sich das Glück zugunsten des Königs,
Ein Sieg des Herzogs von Vendöme vernichtete die Hoffnung Karls in 1 rouns
Spanien. Noch wichtiger war, daß in England, wo seit 1702 die Königin
Anna regierte, bisher aber Wilhelms III. Politik fortgesetzt hatte, das
Whigministerium gestürzt, Marlborough vom Kriegsschauplatze abberufen
wurde und das neue Toriemiuisterium einen Frieden abzuschließen wünschte.
Im Jahre 1711 endlich starb Joseph I. ohne männlichen Erben, und
sein Bruder Karl VI. kam zur Regierung. Damit verschob sich das Ziel
des Krieges; denn so entschieden die Seemächte eine Vereinigung Spaniens
mit Frankreich bekämpft hatten, so wenig konnten sie doch anderseits auch
eine Vereinigung mit Österreich, also eine Wiederherstellung des Reiches
Karls V. wünschen. So löste sich die große Allianz auf.
Die Seemächte schlössen mit Ludwig XIV. den Frieden zu Utrecht
(1713); Kaiser und Reich setzten den Krieg fort, führten ihn aber so un¬
glücklich, daß sie in Rastatt und Baden (im Aargau) den Utrechter
Beschlüssen beitreten mußten (1714).
§ 19. Der Friede zu Utrecht. Die Grundlage des Friedens bildete Friede zu
die für alle Zeiten ausgesprochene Trennung der Königreiche Frankreich und
Spanien. Philipp V. erhielt Spanien und seine Kolonien, verzichtete aber
aus sein Erbfolgerecht in Frankreich zugunsten des Hauses Orleans, während
die französischen Prinzen auf die Nachfolge in Spanien verzichteten. Der
Herzog von Savoyen erhielt Sizilien als Königreich, Österreich die
Spanischen Niederlande, Neapel, Mailand, Mantua und Sardinien, Eng-
land die Anerkennung der Erbfolge des Hauses Hannover sowie von Spanien
Menorca und Gibraltar und von Frankreich die Hudsonbai-Länder, Neu-
schottland und Neufundland. Den Niederlanden wurde das Besatzuugs-
recht in einigen festen Plätzen der bisher Spanischen Niederlande eingeräumt;
beide Seemächte schlössen günstige Handelsverträge mitSpanien ab. Preußen
erlangte die Anerkennung des Königstitels und des Besitzes derjenigen Erwer-
buugeu, die es nach dem Tode Wilhelms III. aus der „Oranischen Erbschaft"
gemacht hatte (Neuenburg [frz. NeuchStel], Mörs und Singen), sowie Ober¬
geldern und verzichtete anderseits zugunsten Frankreichs auf das Fürstentum
Oranien (Orange, an der Rhone), das gleichfalls zu dieser Erbschaft gehörte.
Für das Reich wurde der Friede von Ryswyk bestätigt; Straßburg blieb
demgemäß französisch. Die beiden Kurfürsten von Bayern und Cöln, die
sich an Frankreich angeschlossen hatten unb deshalb nach der Schlacht bei
Höchstädt geächtet werben waren, erhielten ihre Sänber unb Würben zurück.
Pfeifer, Geschichte. VI. G. (Th.) 3