48
Das Emporkommen Preußens.
§29
der Generalfeldmarschall von Derfflinger haben sich um ihre Ein-
richtnng und weitere Ausbildung verdient gemacht. In der Schlacht bei
Warschau empfing das junge brandenburgische Heer die Feuertaufe; durch
seinen Sieg bei Fehrbellin erlangte es Weltruhm. (Vgl. § 22 und § 11.)
Souverän«. Die durch den Frieden von Oliva (1660) gewonnene Souveränität
tat' Preußens erschien dem Kurfürsten mit Recht als ein großer Gewinn,
während sie auf deu Widerspruch der ostpreußischen Stände stieß,
die bisher in allen Streitigkeiten mit ihrem Herzog an dem polnischen
Oberlehnsherrn einen Rückhalt gefunden hatten. Ihren Widerstand brach
der Kurfürst mit Gewalt. In diesem Kampfe vertrat der Kurfürst den
Staatsgedanken gegen die territorialen Gewalten. Hatten ferner die
Stände Geldleistungen nur unter der Bedingung aufbringen wollen, daß
sie für ihr eigenes Land verwendet wurden, so hatte sich die kurfürstliche
Regierung schon während des Krieges auf den Standpunkt gestellt, daß
die einzelnen Länder membra unius capitis seien und jedes einzelne die
Lasten des Ganzen mitzutragen habe; sie hatte demgemäß durchgesetzt,
daß die Stände in Kleve einen Geldbeitrag zu dem Kriege in Ostpreußen
leisteten. Nur so konnten die zerstreuten Gebiete zu einem Staatsganzen
weiterentwickelt und ihre Bewohner mit einem kräftigen Staatsbewußtsein
erfüllt werden. Ähnlich war die Wirkung der Akzise (vgl. § 32), zu
deren Durchführung damals die ersten Schritte getan wurden.
Auswärtige Erbittert über die Haltung seiner Bundesgenossen und vor allem des
Pol,t,k. ^a^erg jm Schwedisch-Französischen Kriege und bei den Friedensschlüssen
(1678/1679, vgl. § II)1, mit dem Kaiser auch darum verfeindet, weil
dieser das Erbrecht des Hauses Brandenburg auf die Lande der inzwischen
(1675) ausgestorbenen piastischen Herzöge von Liegnitz, Brieg und Wohlau
nicht anerkennen wollte, schloß er (1679) mit Frankreich ein Bündnis.
Die Aufhebung des Ediktes von Nantes (vgl. § 15) führte jedoch wieder
zum Bruche; durch das Edikt von Potsdam lud er die verfolgten Huge-
notten zur Niederlassung in seinen Landen ein und schloß sich wieder den
Gegnern Frankreichs an. Der Streit mit dem Kaiser wurde durch einen
Vertrag geschlichtet: der Kurfürst verzichtete auf die Herzogtümer in
Schlesien und wurde dafür durch den Kreis Schwiebus entschädigt.
Seitdem leistete jährlich ein brandenburgisches Korps den Kaiserlichen im
Kriege gegen die Türken Hilfe, z. B. (1686) bei der Eroberung von Ofen
(vgl. § 16).
Handels. In den letzten Jahren seiner Regierung versuchte der Kurfürst seinem
politik. juttgen Staatswesen auch Geltung zur See zu verschaffen. Mit Hilfe
des Holländers Benjamin Raule schuf er eine kleine Flotte, die sich
bereits während des Krieges mit Schweden bewährte. Ferner erwarb er
auch Kolonien an der Guineaküste, zu deren Schutze er das Fort
Großfriedrichsburg anlegte, und rief eine afrikanische Handels-
g es ellschaft (in Emden) ins Leben. Aber die Eifersucht der Holländer
1 »Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor!«