Erste Versuche, die Herrschaft des Senats zu brechen
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Von leidenschaftlichem Rachedurst erfüllt, unternahm imj.
Gajus Gracchus mit rücksichtsloser Folgerichtigkeit die
Fortführung des Reformwerkes. Sein Ziel war die Demokratie unter
der Leitung eines Mannes. Um das Volk zu gewinnen, erneuerte
er das Ackergesetz des Tiberius und veranlaßte durch ein Ge¬
treidegesetz regelmäßige Kornverteilungen. Um den Geldadel
zu gewinnen, überließ er den Rittern durch das Gesetz über
die Neuordnung Asiens die Besteuerung und Ausbeutung dieser
reichen Provinz. Auf Volk und Ritterschaft gestützt, brach er die
Macht des Senats durch das Gesetz über die Konsularpro-
vinzen und durch das Gesetz über die Zusammensetzung
der Gerichte. Die Provinzen der Konsuln wurden fortan bereits
vor den Konsulwahlen bestimmt, die bisher ausschließlich von
Senatoren — auch über die eigenen Standesgenossen — ausgeübte
Gerichtsbarkeit den Rittern übertragen.
In seinem zweiten Tribunat (122) betrieb Gracchus die Gründung sfürrazctc^ser
neuer Kolonien innerhalb und außerhalb Italiens; besonders in Tarent dem ver-
(Neptunia), in Kapua und auf dem Boden des zerstörten Karthago Bundesge-
(Junonia). Aber der Versuch, die Bundesgenossenfrage zu lösen, n°u6iölenge
wurde ihm zum Verderben. Ein Gesetzesantrag, den Bundesgenossen 122
das Bürgerrecht zu verleihen, wurde von Volk und Senat gleich
lebhaft bekämpft und durch den Einspruch des Tribunen Livius
Drusus zu Fall gebracht. Während Gracchus in Afrika die Kolonie
Junonia einrichtete, gelang es Drusus, durch scheinbar volksfreund¬
liche Anträge (Anlage von 12 Kolonien) ihn zu überbieten und seine
Stellung zu erschüttern. Gracchus wurde als Tribun für das Jahr
121 nicht wieder gewählt. In den Konsulwahlen siegte sein er¬
bitterter Gegner Opimius.
Bei dem Versuch, einige Gesetze des Gracchus für ungültig
zu erklären, kam es zu Unruhen. Der Senat ermächtigte die Kon¬
suln durch das SC ultimum (§ 120) zu Ausnahmemaßregeln. Die
Anhänger des Gracchus besetzten den Dianafempel auf dem Aventin.
Opimius ließ Truppen einrücken. Der Aventin wurde von kre¬
tischen Bogenschützen erstürmt. Gracchus fiel auf der Flucht.
3000 seiner Anhänger wurden ohne Richterspruch hingerichtet.
Zur Entschädigung für Karthago-Junonia wurde Narbo Martius
angelegt. Die Kolonie in Kapua blieb unausgeführt; desgleichen
die von Livius beantragten 12 Kolonien. Aber den Kern der Gesetz¬
gebung des Gracchus wagte man nicht anzutasten. Nur das Acker- °fA^re.
gesetz wurde Blatt für Blatt zerpflückt. Zuerst fiel die Unveräußer- gesetz-^
lichkeit der zugewiesenen Landgüter. Dann folgte das Verbot weiterer
Landanweisungen. Und endlich wurde um das Jahr m alles in
Nutznießung genommene Gemeindeland für Privateigentum erklärt
und damit für immer der Aufteilung entzogen. Immerhin hat
das Ackergesetz während der 15 jährigen Dauer seines Bestehens
121
Gajus
Gracchus
123
Die Re¬
formen des
■ Gajus