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Die Gegenreformation und der dreißigjährige Krieg
durch die Schrecken ihrer „Glaubensakte“ (Autos da fe) alle auf¬
strebenden Kräfte im Keim erstickte. So sank Spaniens Bevölkerung
im 17. Jahrhundert von etwa 8 auf 4^2 Millionen Seelen.
§ 178. Die spanische Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. Wäh¬
rend derart das große spanische Entdeckungszeitalter mit einem voll¬
ständigen politischen und wirtschaftlichen Zusammenbruch endete,
erlebte Spanien gerade im 17. Jahrhundert auf literarischem und
künstlerischem Gebiete eine wunderbare Blüte.
Die Die Literatur, von dem italienischen Humanismus nur in der
Form, nicht im Wesen beeinflußt, verleugnete nie ihr echt spanisches
Gepräge. Die Romanze blieb beliebt, und unter dem Eindrücke
des Entdeckungszeitalters und der durch Karl V. über ganz Europa
getragenen spanischen Machtentfaltung erblühte auch das nationale
Epos. Vor allem aber kennzeichnete das 16. Jahrhundert der Ritter¬
roman und der die Zeitgebrechen geißelnde satirische Schelmenroman.
Im 17. Jahrhundert erklomm die spanische Dichtung ihre Höhe.
Cervantes, Während Cervantes in seinem Don Quijote, der den Unfug der
Lc°aPideron Ritterromane verhöhnen sollte, den Grund zum modernen Romane
legte, entfaltete sich vor allem das Drama zur Vollkommenheit. Der
fruchtbare Lope de Vega, Shakespeares Zeitgenosse, wurde der
Schöpfer unseres heutigen Lustspiels, und Calderoi} (f i6ülLhe-
hauptet noch heute den Rang als Spaniens^groSter Dramatiker.
Durch diese Dichter wurde die wohlklingende kastilische Mundart
zur allgemeinen spanischen Literatursprache erhoben. Auch Portu¬
gal, das im 16. Jahrhundert Camoens, den Schöpfer der Lusiaden,
hervorgebracht hatte, unterlag jetzt ganz dem Einflüsse der spa-
nischen Dichtkunst.
Die kunstsinnigen Könige Philipp III. und IV. waren eifrige
Förderer der Literatur, und unter ihrer Gunst entfaltete auch die
Malerei ihre schönsten Blüten, obwohl selbst ihr durch die In¬
quisition Gesetze vorgeschrieben wurden. Velasquez war vor allem
ein unübertroffener Bildnismaler. Murillo glich, dem Rafael in Schön-
Die Malerei heit seiner Gestalten, war aber auch als Maler des täglichen Lebens
ein Meister. Das hervorragendste Denkmal des strengen Renais-
Die Bau- sancebaustils war das großartige, mit einem Kloster verbundene
kunst Königsschloß Escorial, das Philipp II. sich in der Einsamkeit er¬
richten ließ. __
Frankreich im Zeitalter der Reformation und
Gegenreformation.
§ 179. Frankreich unter den letzten Valois. Die Kriege, die
Frankreich seit 1494 in Italien führte (§ 129), brachten den Ge¬
winn und Verlust von Neapel und Mailand. Franz I. behielt nach