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Die Gegenreformation und der dreißigjährige Krieg
Zugeständnisse machen. Auf dem Gebiete der Architektur erwiesen
sich die deutschen Fürsten, die sonst die heimische Kunst kaum
unterstützten, als Mäcene. Zahlreiche Schloßbauten gehören der
Renaissanceperiode an, als deren vollendetstes Denkmal der um 1560
entstandene Otto-Heinrichsbau des Heidelberger Schlosses gilt. Da¬
neben führten auch die Städte, z. B. Augsburg und Bremen, präch¬
tige Rathausbauten aus, und mancher reiche Privatmann ahmte ihr
Beispiel nach.
§ 188. Die deutsche Dichtung im 16. und 17. Jahrhundert. Die
deutsche Dichtung des Reformationszeitalters bewegte sich im
wesentlichen in denselben Bahnen wie die des ausgehenden Mittel¬
alters, wurde aber naturgemäß durch die religiöse Bewegung des
Jahrhunderts stark beeinflußt.
Am deutlichsten zeigt dies der Meistergesang; seit der
Reformation durften nur biblische Texte den Gedichten zugrunde
gelegt werden und an Luthers Bibelübersetzung wurde die Reinheit
Hans Sachs der Sprache gemessen. Ein echter Dichter war Hans Sachs (f 1576).
Seine Stärke lag in seinen Fastnachtsspielen und seinen oft meister¬
haften Schwänken, die sich durch Lebendigkeit der Handlung,
natürliches Gefühl und wahrhaften Humor auszeichneten, so daß die
nächsten Generationen sehr mit Unrecht über den schlichten Vers-
schmied spotteten. Dagegen erhoben sich seine beinahe zahllosen
Meistergesänge vielfach nicht über den Standpunkt inhaltsloser
Reimereien.
Auch die Satire blühte weiter. Sie wurde in der ersten Hälfte
des Jahrhunderts durch den Straßburger Mönch Thomas Murner
vertreten, einen entschiedenen Gegner Luthers, gegen den sich sein
witzigstes Gedicht Von dem großen lutherischen Narren richtet. Ein
Die eifriger Protestant war dagegen sein Landsmann Johann Fis chart
Satiriker ^ ^er Gelehrsamkeit mit Geschicklichkeit in der Behand¬
lung der Sprache vereinigte. In seinem Vierhörnigen Jesuiterhütlein
griff er den verhaßten neuen Orden des Loyola an, während das
vielgelesene Glückhafte Schiff von Zürich die merkwürdige Fahrt
Züricher Bürger zum Schützenfest nach Straßburg beschreibt. Ein
treffliches allegorisch-satirisches Gedicht ist der Froschmäusekrieg
des Georg Rollenhagen,
verfall des Das weltliche Volkslied behauptete bis gegen die Mitte des
Volkslieds Jahrhunderts seine hervorragende Stellung. Dann ging es zurück.
Es verlor seine Natürlichkeit und Kraft, und erlag dem Wettbewerb
Das geist- durch das geistliche evangelische Volkslied, das Kirchenlied. In
lc ued' s' Luther selbst, in Paul Speratus, Nicolaus Decius, Bartholomäus
Ringwald u. a. fand dies gewaltige Vertreter.
Eine große Rolle spielte in dieser Zeit ausgebreitetster Kenntnis
Dichtung0 der lateinischen Humanistensprache auch die lateinische Dichtung,