Full text: Von 1648 bis zur Gegenwart (Teil 5 für Oberprima)

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Das Zeitalter der Verfassungs- und Einheitskämpfe 
seinem Bruder auf den Thron. Er ließ sich wie seine bourbonischen 
Vorfahren in Reims krönen und zeigte immer deutlicher das Be¬ 
streben, absolut und in streng katholischem Sinn zu regieren. Trotz 
der Unterwerfung Spaniens (§ 135)» der Beteiligung am türkischen 
Krieg (§ 142) und der Eroberung Algiers 1830 stieg die Mißstim¬ 
mung im Innern. 
Als sich bei den Wahlen von 1830 die Opposition in 
der Kammer sehr verstärkte, suchte Karl X. durch die ,,Juli- 
Ordonnanzen“ (Auflösung der Kammer, Beseitigung der Preßfrei¬ 
heit, beschränkendes Wahlgesetz) ihr entgegenzutreten. Aber eine 
Volkserhebung in Paris war die Antwort. In heftigen 
Barrikadenkämpfen vom 27. —29. Juli versagten die Truppen. 
Karl X. verlor wider Erwarten rasch den Mut und dankte zugunsten 
seines Enkels, des Grafen v. Chambord, ab (Stammtafel). Aber 
weder dieser wurde als König anerkannt, noch die Republik, vor 
der die besitzenden Klassen sich scheuten, ausgerufen; vielmehr 
erhielt auf Betreiben des alten Lafayette der nächste bourbonische 
Agnat, der Herzog Louis Philipp v. Orleans, als König der Franzosen 
die Krone. Das Bürgertum erwartete von ihm ein aufrichtig kon¬ 
stitutionelles Regiment. Für Frankreich begannen „die goldenen 
Tage der Bourgeoisie“. 
Romantik § 145- Geistesleben. In dem ersten Drittel des 19. Jahr- 
hunderts nahmen die Wissenschaften im Anschluß an die Wert¬ 
schätzung, die die Romantik dem Volksgeist entgegenbrachte, einen 
glänzenden Aufschwung (§ 118). Große Werke, wie die Samm¬ 
lungen der lateinischen und griechischen Inschriften, der Kirchen¬ 
väter, die Kommentare zu alten Schriftstellern u. dgl. entstanden. 
Im Mittelpunkt aller wissenschaftlichen Interessen und Be- 
phiiosophie Strebungen der Zeit stand immer noch die Philosophie (§ 121). Der 
Geschichtsphilosoph Hegel, der seit 1818 in Berlin wirkte, wu^e 
in allen philosophischen Fragen unumschränkter Gebieter. Mit 
Hilfe der dialektischen Methode glaubte er alle Erscheinungen der 
Natur wie des geistigen Lebens aus der Entwicklung des „ab¬ 
soluten Geistes“, zu dem er Schellings „absolutes Ich“ erweitert 
hatte, erklären zu können. H e r b a r t legte den Grundstein zu einer 
auf der Kenntnis der menschlichen Seele (Psychologie) aufgebauten 
Erziehungslehre. Aber er und mancher andere Philosoph (§ 154) 
kamen erst viel später zur Anerkennung. 
Historische Unter Savignys Führung entstand in Deutschland die Histo- 
schui^und rische Rechtsschule; ebenso wie er kämpfte Eichhorn gegen das 
Geschichte Vernunftrecht. Niebuhr (Römische Geschichte) wies die Entstehung 
der römischen Sage aus dem Volksgeiste nach. Zur Untersuchung 
der vaterländischen Begebenheiten regte Frhr. v. Stern 1819 die
	        
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