§ 51. 52.
Der erste Kreuzzug.
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Im Osten dagegen lagen die Verhältnisse für die Christen weniger Der Osten,
günstig. Gegen Ende des 11. Jahrhunderts wurden die Sarazenen so ge¬
fährlich, daß sich der oströmische Kaiser Alexius, der dogmatischen und kirch-
liehen Streitigkeiten vergessend, an den Papst mit der Bitte um Hilfe
wandte.
Nachdem sich von dem Kalifat von Bagdad ein zweites der Fatimiden Die
in Ägypten losgelöst hatte (vgl. § 28), wurde jenes von den aus Zentral-S-idschuken.
asien hereinbrechenden türkischen Seldschnken überwältigt. Nach der
Eroberung aber zerfiel die seldschukische Herrschaft selbst in mehrere selbständige
Emirate oder Sultanate. Diese Zersplitterung der mohammedanischen Welt
erleichterte den Angriff der Kreuzfahrer.
Den Anlaß zu den Kreuzzügen gaben die Klagen der christlichen Anlaß der
Pilger über die Mißhandlungen in Palästina, denen sie seit der HernftreU33ti9e'
schaft der glaubensstrengen Fatimiden und in noch höherem Grade seit
der seldschukischen Eroberung ausgesetzt waren. Hatte man schon seit
der Erbauung der Kirche des Heiligen Grabes durch Helena, die fromme
Mutter Konstantins des Großen, Wallfahrten zum Heiligen Grabe unter-
nommen, so hatten sich diese im 11. Jahrhundert unter der Einwirkung
des von Eluny ausgehenden asketisch-schwärmerischen Geistes beständig
vermehrt. Der Gedanke, den zuerst Gregor VII. ausgesprochen hatte,
daß die Stätte der heiligsten Erinnerungen den Ungläubigen entrissen
werden müsse, fand deshalb einen wohlvorbereiteten Boden. Überdies
kamen zu den religiösen Beweggründen vielfach auch solche politischer,
sozialer und — z. B. für die italienischen Seestädte —- wirtschaftlicher Art.
Urban II. verkündete den Kreuzzug auf den Konzilien zu Piacenza
und Clermont (1095) und entfesselte damit die gewaltige Bewegung.
Unter dem Rufe „Gott will es!" ließen sich Tausende das rote Kreuz
auf die (linke) Schulter heften.
In dem waffenfrohen, sich unaufhörlich befehdenden Adel aller abend-Ritterstand,
ländischen Staaten, besonders der Franzosen, fand sich eine unerschöpfliche
Fülle von Kraft dazu bereit, dieses Unternehmen zu verwirklichen. Dadurch,
daß diesem Adel, der nur für den Waffendienst lebte, das erhabenste Ziel
für seinen Tatendurst hingestellt wurde, erhielt sein wildes Leben einen edleren
Gehalt. Es entwickelte sich der Ritterstand, die Kriegerkaste, deren Waffen
jetzt mehr in den Dienst der Religion traten und von der Kirche ihre Weihe
empfingen.
§ 53. Der erste Kreuzzug (1096—1099). Dem Kreuzzuge der Fürsten Vorläufer
gingen schlecht geordnete Scharen meist von Leuten, die nichts zu ver-^^^
Iieren hatten, unter Führung des Einsiedlers Peter von Amiens und
Walters von Habenichts vorauf. Schon beim Angriff auf Nicäa in
Kleinasien wurden sie vollständig aufgerieben.
Unter den Teilnehmern am ersten Kreuzzuge traten Gottfried Der
von Bouillon, Herzog von Niederlothringen, und fein Bruder Bal-^^uzzug
duin, Graf Robert von Flandern, Graf Hugo von Vermandois,