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Die Entstehung der russischen Großmacht.
§22.
Nationaltracht wurde beschränkt und daher auch das Tragen von Barten
verboten; durch Gründung von Buchdruckereien und Schulen sorgte er für
die Volksbildung, durch Anlage von Straßen und Kanälen hob er den
Verkehr. In den späteren Jahren seiner Regierung unternahm er noch
Alezcei. eine zweite Reise nach Westeuropa; sein Sohn Alexei, der unterdessen
eine Verschwörung gegen ihn anzettelte, starb im Kerker (an den Folgen
der Folterung?)*). Im Jahre 1721 nahm Peter den (noch jetzt üblichen)
Titel „Kaiser aller Reußen" an und errichtete an Stelle des Patriarchates,
das eine Stütze des Altrusseutums gebildet hatte, den „Allerheiligsten
dirigierenden Synod", dessen „Oberprokureur" (oft ein höherer Offizier)
den Kaiser in der Leitung aller geistlichen Angelegenheiten vertritt.
§ 22. Schweden vom Dreißigjährigen bis zum Nordischen Kriege.
In Schweden bestieg nach dem Tode Gustav Adolfs seine minderjährige
Kömgm Tochter Christine den Thron, dankte jedoch 1654 nach einer verschwende»
cnjrifttne. r^en Günstlingswirtschaft zugunsten ihres Vetters Karl Gustav von
Pfalz-Zweibrücken ab, ging ins Ausland und wurde katholisch; sie ist
in Rom gestorben.
Schwedisch- Da der Polenkönig Johann Kasimir (aus der katholischen Linie
Erbfolge- der Wasas) dem neuen Schwedenkönige Karl X. die Anerkennung versagte,
krieg brach zwischen Schweden und Polen ein Krieg aus, in den auch der
(1655-1660). Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg bei der Lage seiner
Länder zwischen den kriegführenden Parteien nach einem anfänglichen
Versuche, neutral zu bleiben, hineingezogen wurde. Karl nötigte ihn
nach den ersten, überraschend schnellen Erfolgen seiner Waffen zu einem
Bündnis. Die brandenburgischen Truppen erfochten darauf an der Seite
Warschau ber Schweden den Sieg bei Warschau (1656), und Karl suchte sich im
16561 Vertrage zu Labiau (am Kurischen Haff) durch das Zugeständnis der
vollen Souveränität (lehnsfreien Herrschaft) in Preußen Friedrich Wilhelms
Beistand auch ferner zu sichern. Als aber Dänen und Ruffeu am Kriege
teilnahmen und der König nach Schweden zurückkehren mußte, wechselte
der Kurfürst unter Vermittlung des Kaisers Ferdinand III. die Partei,
nachdem ihm von Johann Kasimir im Vertrage zu Weh lau (am Pregel'
gleichfalls die Souveränität zugestanden worden war. Sie wurde ihm
Oliva 1660. im Frieden zu Oliva (bei Danzig, 1660), den der schwedische Reichsrat
nach Karls Tode abschloß, bestätigt.
xi. Karl Gustavs Sohn Karl XI., der ihm in der Regierung folgte,
(1660-1697). j^r^e Regiment des Adels, entriß ihm mit Hilfe des Mittelstandes
alle Domänen, die er sich angeeignet hatte, verwandelte den Reichsrat,
der die schwedische Politik bisher selbständig geleitet hatte, in eine nur
beratende Behörde und begründete so die absolute Monarchie in
Schweden. Nach denselben Grundsätzen verfuhr er in den abhängigen
Gebieten Bremen, Verden, Pommern und den Ostseeprovinzen, indem er
*) Man vergleiche das ähnliche, etwa gleichzeitige Zerwürfnis zwischen Vater und
Sohn am preußischen Hofe.