Object: Deutschland, Wirtschafts- und Handelsgeographie, Kartographie und Mathematische Erdkunde (H. 2 = 2. Kl)

3 Die Lage Deutschlands. § 4 Heft 
: ii 
c. Die Grenze gegen Osterreich fällt zusammen mit dem böhmischen Wall, 
der aber viele Lücken und Übergänge hat (mehr als 40 Eisenbahnen). 
d. Im Süden erschwert der Alpenwall feindliche Einbrüche. Andrerseits 
gestattete er aber doch durch seine Pässe, daß Deutschland und Italien jahrhun¬ 
dertelang unter einem Zepter stehen konnten (heute Dreibund). 
e. Im Norden war die Grenze gegen Dänemark lange strittig (heute die 
uordschleswigsche, wie im Osten die polnische Schwierigkeit), und selbst die Ostsee 
wurde eine Zeitlang von den Schweden nicht als Grenze geachtet. 
1I>) Deutschlands Geschichte und Kultur, beeinflußt durch die Lage. 
1. (Zur Kriegsgeschichte.) Die zentrale Lage brachte Angriffe und Beein- § 4 
flussungen von allen Seiten: 
a) Von Osten her. Sprich über Hunnen, Magyaren (beide durch das 
Donautor gekommen) und Slawen.*) 
b) JmWesten: Dreißigjährig er Krieg, die Raubkriege Ludwigs XIV. 
(Verwüstuug der Pfalz; Heidelberger Schloßruine), Wegnahme Straßbnrgs 
(1681), Siebenjähriger Krieg, die Revolutionskriege und die Napoleo- 
nische Fremdherrschaft; endlich der erlösende Krieg von 1870/71; heute noch 
immer die Revancheidee; Anlehnung an England, Bündnis mit Rußland. 
o) Im Norden Zurückdrängung der Schweden erst 1815, der Dänen 
erst 1864. 
6) Besonders folgenreich waren die Beziehungen nach dem Süden: 1. Vor- 
stoß der germanischen Völkerwanderungsscharen mit seinen gewaltigen Um- 
wälzungen. 2. Das „Heilige römische Reich deutscherNation" bringt zunächst 
zwar Glanz und Kultur, schwächt aber die deutsche Stoßkraft im Osten (Barbarossa 
und Heinrich der Löwe bedeuten zwei verschiedene nationale Tendenzen) und 
bringt Deutschland schließlich an den Rand des Verderbens (Nachweis!). 3. Die 
Habsburger verlegen den Schwerpunkt des Reiches nach Osterreich; Deutschland 
wird zum Aschenbrödel und zum Gespött der Welt. Erst der Krieg von 1866 
bringt die Entscheidung zugunsten Prenßen-Deutschlands, und Bismarcks weit- 
schauende Versöhnungspolitik eint beide Länder zu einem starken Friedensboll- 
werk für ganz Europa (1883 Hinzutritt Italiens zum „Dreibund", aber starke 
Gegensätze zwischen Osterreich und Italien wegen Südtirol, Trieft und der adria- 
tischen Küste der Balkan-Halbinsel und in Italien viel Volkssympathie für 
Frankreich). 
ö) Viele Kriege, die fremde Völker miteinander auf deutschem Boden 
aussochteu.2) — Wir sehen: Teutschland war infolge seiner zentralen Lage und 
seiner osseueu Grenzen durch Jahrhunderte der Kriegsschauplatz für ganz Europa. 
x) Zum heutigen Ostnachbar traditionelle, besonders auch durch Wilhelm I. und Bismarck 
gepflegte Freundschaft, die zurzeit anscheinend vorübergehend leidet durch das Bündnis mit 
Frankreich und die „Entente" mit England. Rußland muß den Rücken frei haben wegen seiner 
asiatischen Pläne, Deutschland wegen der Bedrohung von Westen uud (neuerdings) von Nord- 
Westen. — Rußland im Mittelalter (und vielleicht auch für die Zukunft) der europäische Puffer- 
staat gegen das Mongolentnm! 
2) Schwedisch-polnischer Thronstreit 1655—60, spanischer Erbfolgekrieg 1701—14, der nordische 
Krieg 1700—21, der polnische Thronstreit 1733—35, der österreichische Erbfolgekrieg 1740—48.
	        
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