Der Dreißigjährige Krieg.
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Das protestantische Deutschland sah diesen Vorgängen untätig zu,
die Union löste sich auf, der Kurfürst von Sachsen stand auf feiten
des Kaisers, und nur die Niederlande, deren Krieg gegen Spanien von
neuem ausgebrochen war, gewährten dem unglücklichen Kurfürsten Zuflucht
und Unterstützung. Für feine Sache stellten der Graf Ernst Peter von
Mansfeld, der jugendliche Christian von Braunschweig, der Ad-
ministrator des Bistums Halberstadt, und der Markgraf Georg Fried-
rich von Badeu-Durlach Heere ins Feld. Zuerst wurde Tilly im
April 1622 von Mansfeld und dem Markgrafen bei Wiesloch besiegt;
als diese sich aber trennten, gelang es Tilly, bei Wimpfen im Mai
1622 den Markgrafen zu schlagen. Tilly hatte sich durch die spanischen
Truppen Cordovas verstärkt, überraschte den Feind, und es kam zu einem
blutigen Kampf. Auf beiden Seiten riffen die Geschütze ganze Reihen
nieder; gegen Abend flogen im markgräflichen Lager fünf Pulverwagen
in die Luft und richteten entsetzliche Verheerung an. Die Schlacht war
verloren, das Lager in den Händen der Feinde; fast wäre der Markgraf
mit seinen beiden Söhnen gefangen genommen worden.
Spätere Sage erzählt, der Bürgermeister Deimling mit 400 Pforz¬
heimern habe sich sür seinen Markgrafen geopfert; alle seien den Heldentod
für ihn gestorben. Der Markgraf floh nach der Hochburg, führte 1627 noch
dem Dänenkönige ein Heer zu, war aber erfolglos und zog sich nach Straß-
bürg zurück, wo er 1638 starb. Die Regentschaft hatte er schon 1622 zu¬
gunsten seines Sohnes Friedrich V. niedergelegt, in der vergeblichen Hoffnung,
dadurch seine Markgrafschaft vor Verwüstung zu schützen.
Tilly zog darauf nach dem Main, dem dritten Gegner entgegen,
Christian von Braunschweig, den er im Juni 1622 bei Höchst und 1623
bei Stadtlohn in Westfalen schlug.
Im Laufe zweier Jahre waren die pfälzischen Lande vollständig erobert,
die Städte Frankenthal, Mannheim, Heidelberg trotz Gegenwehr von Tilly
genommen. Unter Mord und Brand drang er in letzterem ein, das der
Gouverneur van der Merven mehrere Wochen entschlossen verteidigt hatte.
Einen unersetzlichen Verlust erlitt die altberühmte Universität. Die welt-
bekannte Bibliotheca Palatina wurde in 184 Kisten nach Rom geschleppt, und
Maximilian war froh, mit diesem „literarischen Raub, dem Rüstzeug der
protestantischen Wissenschaft", den Papst auf billige Weise entschädigen zu können.
Die Ob er Pfalz (das Gebiet nördlich von Regensburg) wurde mit-
samt der pfälzischen Kurwürde auf Maximilian von Bayern übertragen.
Die Gebiete an der Bergstraße, die 1461 von dem Erzbischos von Mainz,
Diether von Isenburg, an Friedrich I. von der Pfalz verpfändet worden
waren, wurden nun von Kurmainz wieder in Besitz genommen und zur
katholischen Lehre zurückgeführt.
§ 118. Der Niedersächsisch-Dänische Krieg (1625 1629). Die Be¬
sorgnis vor einer katholischen Reaktion bestimmte die Mitglieder des
niedersächsischen Kreises, ein Heer zu ihrem Schutze anzuwerben.
Gleichzeitig schloß Jakob I. von England mit den Niederlanden und dem