Full text: Geschichte der Neuzeit von 1648 bis zur Gegenwart (Teil 6)

Das Deutsche Reich. 
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Frische seinen neunzigsten Geburtstag — In Württemberg regierte 
König Karl noch bis zum Jahre 1891. Auf ihn folgte Wilhelm IL, 
ein Großneffe und durch seine Mutter zugleich Enkel Kömg Wilhelms L 
— Eine besonders gesegnete Tätigkeit entfaltete Großherzog Friedrich 
von Baden (1852—1907), der hervorragenden Anteil an der Wieder- 
errichtnng des Reiches hatte, mit der ihm ein Herzenswunsch in Erfüllung 
aina Auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens hat er, unterstützt von 
seiner Gemahlin Luise, der Tochter Kaiser Wilhelms I, Gutes gewirkt. 
Als er im Herbst 1907, 81 Jahre alt, auf der Bodenseeinsel Mainau 
starb, trauerte das ganze deutsche Volk, und als sein Leichnam von dort 
zur Beisetzung nach Karlsruhe geleitet wurde, gestaltete sich die Fahrt zu 
einer ununterbrochenen Folge von Kundgebungen um den geliebten Landes- 
vater. Sein Sohn und Nachfolger Friedrich IL führt die Regie¬ 
rung im gleichen Sinne wie sein Vater. In Hessen folgte 1877 auf 
Großherzog Ludwig III. sein Neffe Ludwig IV. (1877—1892), der 
sich 1866 als Führer der hessischen Reiterbrigade und 1870 als Komman¬ 
deur der hessischen Division rühmlich hervorgetan hat. 1892 folgte auf 
ihn sein jugendlicher Sohn Ernst Ludwig, ein eifriger Förderer von 
Kunst und Wissenschaft. 
§ 132. Das Reichsland Elsaß-Lothringen. Das im Frankfurter 
Frieden von Frankreich abgetretene Elsaß-Lothringen wurde zum 
„Reichs land" erklärt und dem Kaiser als dem Oberhaupte des Reiches 
unterstellt, der im Verein mit dem Bundesrat die Verwaltung leitet. Nach 
einer kurzen Zeit der Diktatur wurde am 1. Januar 1874 die Reichs¬ 
verfassung daselbst eingeführt, und am 1. Februar 1874 traten die 15 
elsaß-lothringischen Abgeordneten zum erstenmal in den Reichstag ein. 
Nachdem das Land einige Jahre von dem Oberpräsidenten von Möller 
nach Art einer preußischen Provinz verwaltet worden war, wurde am 
1. Oktober 1879 der Schwerpunkt der Landesregierung von Berlin nach 
Straßburg verlegt. Seitdem ernennt der Kaiser einen Kaiserlichen 
Statthalter mit dem Sitz in Straßburg, dem die Ausübung eines 
Teiles der landesherrlichen Hoheitsrechte übertragen ist; ihm zur Seite 
steht ein Ministerium für Elsaß-Lothringen. Am 1. Oktober 1874 
wurde ein Landesausschuß als beratende Körperschaft eingesetzt und im 
Mai 1877 zur gesetzgebenden Volksvertretung erhoben. Als Kaiserliche 
Statthalter waren nacheinander tätig der Feldmarschall Freiherr Edwin 
von Mantenffel (1879—1885), Fürst Chlodwig von Hohenlohe- 
Schillingsfürst (1885—1894), der spätere dritte Reichskanzler, und 
Fürst Hermann von Hohenlohe-Lang enbnrg (1894 1907), der 
von dem Grasen von Wedel, General der Kavallerie und zuletzt Bot- 
schafter in Wien, abgelöst wurde*). 
*) Ein Gesetzentwurf, demzufolge Elsaß-Lothringen unter Wahrung seiner Stellung als 
Reichsland auch bundesstaatliche Rechte erlangen uud für die meisten Gesetzesvorlagen drei 
beschließende Stimmen im Bundesrat erhalten soll, steht im Frühling 1911 zur Beratung.
	        
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