Full text: Geschichte der Neuzeit von 1648 bis zur Gegenwart (Teil 6)

D,e Begründung des Brandenburgisch-preußischen Staates ufto. 
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Die Anerkennung der Souveränität, bereit Erwerb ber Kurfürst als einen 
großen Gewinn betrachtete, stieß aber auf ben Wiberspruch ber ostpreußi 
schen Stänbe, bie bisher in allen Streitigkeiten mit ihrem Herzog an bem 
polnischen Oberlehnsherrn einen Rückhalt gefunben hatten. Ihr Wiberstand 
würbe von bem Kurfürsten mit Gewalt gebrochen. Der Schöppenmeister 
(Bürgermeister) Rohbe (auch Rhobe, Roth geschrieben) von Königsberg 
würbe lebenslang gefangen gehalten, imb ber Oberst von Kalkstein, ben 
er in Warschau hatte aufheben lassen, enthauptet. In biesem Kampfe ver¬ 
tritt ber Kurfürst ben Staatsgebanken gegen bie territorialen Gewalten. 
Hatten ferner bie Stänbe Gelbleistungen nur unter ber Bebingnng auf¬ 
bringen wollen, baß sie für ihr eigenes Land verwenbel würben, schatte 
sich Die kurfürstliche Regierung schon während des Krieges aus den Stand- 
punü gestellt, daß bie einzelnen Länder „Glieder eines Hauptes" (membra 
unius capitis) seien und jedes einzelne die Lasten des Ganzen mitzu- 
tragen habe. Sie hatte durchgesetzt, daß die Stäude in Kleve einen 
Geldbeitrag zu dem Kriege in Ostpreußen leisteten. Nur auf diesem 
Wege konnten bie zerstreuten Gebiete zu einem Staatsganzen weiter ent- 
wickelt imb ihre Bewohner mit einem kräftigen Staatsbewußtsein erfüllt 
werben. In biesen Jahren würben auch bie ersten Schritte zur Ein¬ 
führung ber Akzise, einer Abgabe auf Gegenstänbe bes Verbrauchs, ge¬ 
tan, burch bie sich der Kurfürst eine regelmäßige, mit dem Wohlstande 
des Landes wachsende, von der Bewilligung der Stände unabhängige 
Einnahme sicherte. 
§ 27. Der Schwedisch-französische Krieg. Ende der Regierung. Als 
im Jahre 1672 die Niederlande von Ludwig XIV. angegriffen wurden, 
leistete ihnen der Kurfürst Hilfe, wurde aber zum Friedensschluß zu 
Vossem (1673) genötigt. An dem Reichskrieg gegen Frankreich beteiligte 
er sich mit 20000 Mann. (Vgl. § 3.) 
Aus dem Elsaß, wo er gegen Tnrenne gefochten hatte, wurde er 
durch die Nachricht vom Einrücken der Schweden unter Karl Gustav 
Wraugel in die Mark abgerufen. Durch ben kurzen Felbzug im Juni 
1675. ber in bem Überfall von Rathenow unb ber Schlacht von Fehr- 
bellin (28. Juni) seineu Höhepunkt hat, befreite er Braubenburg. In 
ben nächsten Jahren eroberte er Pommern mit Stettin, Rügen 
imb Stralsund. Der Winterfeldzng in Preußen endete mit der 
Vernichtung ber schwedischen Jnvafionsarmee unter Horn vor den Toren 
von Riga (1679). 
Wie groß auch der moralische Erfolg bteser Kriege war — ber Name 
bes „Großen Kurfürsten" würbe in Dentschlanb volkstümlich —, so blieb 
boch ber politische Gewinn hinter ben Erwartungen zurück. Lubwig XIV. 
nötigte ben Kurfürsten, ber vom Kaiser im Stich gelassen würbe, tut 
Frtebeit von St. Germain-en-Laye, ben Schweben Pommern wieber 
herauszugeben. Eine auf biesen Frieben geprägte Mebaille trägt als 
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