Full text: Dritte Periode der Neuzeit, die Zeit der Umwälzungen (H. 4)

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Quellensätze. 
15) Napoleon an Wilhelm: 
Monsieur mon frere! 
N'ayant pas pu monrir au milieu de mes troupes, il ne me reste qu'ä remettre 
mon 6pee aux mains de Votre Majeste. 
Je suis de Votre Majeste le bon frere 
Sedan, le 1er septembre 1870. Napoleon. 
16) Anfang und Schluß der Proklamation: „An das deutsche Volk". 
Wir Wilhelm, 
von Gottes Gnaden König von Preußen, 
nachdem die deutschen Fürsten und freien Städte den einmütigen Ruf an Uns gerichtet 
haben, mit Herstellung des Deutschen Reiches die seit mehr denn 60 Jahren ruhende 
deutsche Kaiserwürde zu erneuern und zu übernehmen, und nachdem in der Verfassung 
des Deutschen Bundes die entsprechenden Bestimmungen vorgesehen sind, bekunden hier- 
mit, daß Wir es als eine Pflicht gegen das gemeinsame Vaterland betrachtet haben, 
diesem Rufe der verbündeten deutschen Fürsten und Städte Folge zu leisten und die 
deutsche Kaiserwürde anzunehmen. 
Uns aber und Unseren Nachfolgern an der Kaiserkrone wolle Gott ver- 
leihen, allzeit Mehrer des Deutschen Reiches zu sein nicht an kriegerischen Eroberungen, 
sondern an den Gütern und Gaben des Friedens, auf dem Gebiete nationaler Wohl¬ 
fahrt, Freiheit und Gesittung. 
Gegeben Hauptquartier Versailles, den 18. Januar 1871. Wilhelm. 
17) Aus der Kaiserlichen Botschaft an den Reichstag vom 17. Novem¬ 
ber 1881. Die Heilung der sozialen Schäden wird nicht ausschließlich im Wege der 
Unterdrückung sozialdemokratischer Ausschreitungen, sondern gleichmäßig auf dem der 
positiven Förderung des Wohles der Arbeiter zu suchen sein. Wir halten es für Unsere 
kaiserliche Pflicht, dem Reichstage diese Aufgabe von neuem aus Herz zu legen, und 
würden mit um so größerer Befriedigung auf alle Erfolge, mit denen Gott Unsere 
Regierung sichtlich gesegnet hat, zurückblicken, wenn es Uns gelänge, dereinst das Be- 
wußtsein mitzunehmen, dem Vaterlande neue und dauernde Bürgschaften seines inneren 
Friedens und den Hilfsbedürftigen größere Sicherheit und Ergiebigkeit des Beistandes, 
auf den sie Anspruch haben, zu hinterlassen. 
18) Bismarck im Reichstage, Febr. 1888. Wenn ich sage, wir müssen dauernd 
bestrebt sein, allen Eventualitäten gewachsen zu sein, so erhebe ich damit den Anspruch, 
daß wir noch größere Anstrengungen machen müssen als andere Mächte zu gleichem 
Zweck, wegen unserer geographischen Lage .... Gott hat uns in eine Situation ge- 
setzt, in welcher wir durch unsere Nachbarn daran verhindert werden, irgendwie in Träg- 
heit und Versumpfung zu geraten. Er hat uns die kriegerischste und unruhigste Nation, 
die Franzosen, an die Seite gesetzt, und er hat in Rußland kriegerische Neigungen groß 
werden lassen, die in früheren Jahrhunderten nicht in dem Maße vorhanden waren . . . 
Die Hechte im europäischen Karpfenteich hindern uns, Karpfen zu werden, indem sie uns 
ihre Stacheln in unseren beiden Flanken fühlen lassen; sie zwingen uns zu einer An- 
strengung, die wir freiwillig vielleicht nicht leisten würden, sie zwingen uns auch zu 
einem Zusammenhalten unter uns Deutschen, das unserer innersten Natur widerstrebt; 
sonst streben wir lieber auseinander .. Wir müssen dieser Bestimmung der Vorsehung 
aber auch entsprechen, indem wir uns so stark machen, daß die Hechte uns nicht mehr 
tun als uns ermuntern. Wir hatten ja früher in den Zeiten der Heiligen Allianz. . . 
eine Menge Geländer, an denen wir uns halten konnten, und eine Menge Deiche, die 
uns vor den wilden europäischen Fluten schützten. Da war der Deutsche Bund, und 
die eigentliche Stütze und Fortsetzung und Vollendung des Deutschen Bundes, zu deren 
Dienste er gemacht, war die Heilige Allianz. Wir hatten Anlehnung an Rußland und 
Österreich, und vor allen Dingen, wir hatten die Garantie der eigenen Schüchternheit, 
daß wir niemals eine Meinung äußerten, bevor die anderen gesprochen hatten. Das 
alles ist uns abhanden gekommen; wir müssen uns selber helfen . .
	        
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