Full text: Dritte Periode der Neuzeit, die Zeit der Umwälzungen (H. 4)

§ 105 Deutschland und Frankreich zur Zeit der Gesetzgebenden Versammlung. 11 
Man hatte die Königin von ihren beiden Kindern getrennt, in ein elendes Ge- 
fängnis geworfen und in zerlumptem Kleide vor das Revolutionstribunal geführt. Die 
Anklage warf ihr Verrat an der Nation vor. Maria Antoinette bestritt, Einfluß auf 
die Regieruugsaugelegenheiteu ausgeübt zu haben. Ihre eigenen Briefe widerlegen 
ihre Aussage: die Königin ward verurteilt. Der achtjährige Dauphin wurde einem 
rohen Jakobiner übergeben und allmählich zu Tode mißhandelt. Die Tochter, spätere 
Herzogin von Angouleme, blieb zunächst im Gefängnis und wurde dann nach Österreich 
ausgeliefert. ^ 
Um die alte Ordnung ganz zu vernichten, setzte der Konvent eine 
neue Zeitrechnung, beginnend mit dem 22. September 1792, mit ver¬ 
änderten Monatsnamen an Stelle der alten. Zugleich erklärte er auf 
Antrag der Dantouisteu das Christentum für abgeschafft, und der aus 
Jakobinern bestehende Pariser Gemeinderat ordnete einen Kultus der 
Vernunft an (Eröffnungsfeier mit der Göttin der Vernunft in der Kirche 
Notre-Dame). Kirchen wurden unter der Leitung von Jakobinern ge- 
plündert, Kunstwerke zerstört. Aber die Revolution verschlang ihre eigenen 
Kinder. Im April 1794 wurde Danton nebst seinen Anhängern auf 
Robespierres Betreiben vor das Revolutionsgericht gestellt und hingerichtet. 
Jetzt erreichte das Schreckenssystem unter Robespierres Alleinherrschaft erst 
seinen Gipfel durch gehäufte Hinrichtungen. Zwar ließ er durch deu 
Konvent den Glauben an Gott wieder einführen, aber im Juli ereilte 
auch ihn und seine Anhänger das Schicksal, da die Mehrheit des Kon- 
vents seiner Blutherrschaft überdrüssig war. 
Die Gemäßigten behielten im Konvente die Oberhand und führten 
1795 eine neue Verfassung ein: ein Direktorium von fünf Mit- 1795. 
gliedern erhielt die vollziehende Gewalt, eine aus zwei Kammern be- 
stehende Volksvertretung die gesetzgebende. y' . 
4. Die Provinzen zur Zeit der Schreckensherrschaft. Nach der 
Hinrichtung des Königs entstanden Empörungen im Westen und Süden 
Frankreichs, wo das Volk von den Lehren der Aufklärung nicht so durch- 
druugeu war und durch Rekrutenaushebungen und andere Gewaltmaß- 
regeln des Konvents bedrückt wnrde. Die Bauern der Vendee erhoben 
sich in Masse und schlugen anfangs die Heere des Konvents zurück. All- 
mählich aber erlagen sie den geübten Feldherren ihrer Gegner und wurden 
durch die Greueltaten der jakobinischen Wüteriche furchtbar gezüchtigt. In 
ganz Frankreich zogen die Sendlinge des Konvents mit Revolutionsheeren 
und Guillotinen umher. Um die Massenhinrichtungen schneller erledigen 
zu können, baute man Schiffe mit Fallböden und ertränkte die Opfer 
(„Royaden" in der Loire) oder erschoß sie zu Hunderten. 
Ii. Der erste Koalitionskrieg (1793—1797) bis zum Frieden zu 
Basel (1795) und das Ende Polens. Seit der ersten Teilung Polens 
arbeiteten einflußreiche Männer in diesem Lande an einer Verbesserung 
der Verfassung, und 1791 nahm der Reichstag unter dem Eindruck der 
Vorgänge in Frankreich eine solche an, wonach unter anderem der dritte 
Stand in den Reichstag aufgenommen werden sollte. Als nun 1792 die
	        
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