40 Zweiter Zeitraum. Von der Gründung des fränk. Reiches bis zu seiner Teilung.
die durchschnittlich den Wert eines Pferdes hatten. Feinere Erzeugnisse
der Industrie (Teppiche, Glaswaren, Schmucksachen) und indische Ge-
würze kamen aus Konstantinopel, der ersten Handels- und Fabrikstadt der christ-
lichen Welt. Als Zahlungsmittel diente noch immer das Vieh. Geld spielte im
Verkehr eine unbedeutende Rolle; wer Geld hatte, hielt es in festem Verwahr.
Noch jahrhundertelang bedeutete das Wort allgemein Vergeltung, Ersatz.
e) Häusliches Leben (Nahrung, Kleidung, Wohnung, Be-
schäftigung). Das häusliche Leben zeigte noch lange die größte Einfachheit.
Selbst in den westlichen Teilen des Reiches wich die feine, städtische Kultur der
Römer der rohen, bäurischen Art der Germanen. Die Hauptnahrung war,
wie bei den alten Deutschen, Fleisch von zahmen und wilden Tieren, besonders
von Schweinen, die in den weiten Eichenwäldern ihr Futter fanden. Auch die *
Kleidung unterschied sich nicht wesentlich von der früheren. Die Wohnung
war in der Regel noch ein einfacher Holzbau. Aber durch die Besiedlung rö-
Mischer Länder lernten die Deutschen auch den Stein bau kennen, und von
den Römern übernahmen sie mit den Gegenständen deren Namen, wie Mauer
(murus), Ziegel (tegula), Kalk (calx). In den altrömischen Städten,
wie Köln, Trier usw., legten die Germanen aus den Trümmern der verfallenen
oder zerstörten Bauten ihre Bauernhöfe an und verwandelten so die Städte
in große Dörfer.
In der Beschäftigung war eine wesentliche Veränderung eingetreten:
aus dem unruhigen Jäger und Krieger war ein friedliebender
Bauer geworden. Das tägliche Leben ging bei der Masse der Bevölkerung
in landwirtschaftlicher Arbeit auf. Lesen und Schreiben waren selbst für die
Vornehmen, mit Ausnahme der Geistlichkeit, unbekannte Künste.
6. pie Einführung des Ghristentnms M den Deutschen.
Die Westgermanen haben erst nach der Bekehrung Chlodwigs das
Christentum, und zwar in der Form des römisch-katholischen Be-
kenntnisses, angenommen (S. 32), zuerst die linksrheinischen Franken,
in deren Gebiet sich aus der Römerzeit noch einzelne kirchliche Einrichtungen
erhalten hatten, dann die schon in der Merowingerzeit zum fränkischen Reiche
gehörenden o st rheinischen Stämme: die Alemannen, die Bayern, die
Franken in den Mainlanden und in Hessen, die Thüringer und die von
Pippin dem Mittleren und Karl Marten unterworfenen Westfriesen, zuletzt
die von Karl dem Großen unterjochten Sachsen und Ostfriesen.
Es war eine Riesenarbeit, das festgewurzelte Heidentum bei unsern Vorfahren
auszurotten; drei Jahrhunderte und die vereinigte Kraft des Staates und der
Kirche waren dazu erforderlich, und auch so erhielten sich noch manche Reste des
alten Glaubens und der alten Sitten bis auf den heutigen Tag1.
1 Z. B. das Anzünden von Feuern um Ostern, Johanni und Martini.
Manchem heidnischen Brauche wurde ein christlicher Sinn unterlegt (vgl. z. B. die
Christ baumfeie r). Die alten Götter wurden zu Unholden; doch übertrug
man auch einzelne Züge der Göttersage aus die Heiligen und auf volkstümliche Helden