Vorwort
„Der Mensch lebt nicht für das Wissen,
sondern für das Wirken!"
Äöas den Verfasser dieses „Abrisses" ermuthigt, trotz der Menge von
Schulbüchern für den geschichtlichen Unterricht, mit demselben hervorzutreten,
ist vor Allem die Verschiedenheit der Ansichten, die Noch immer über die
zweckmäßigste Einrichtung dieses Unterrichtszweiges, selbst unter den ange-
sehensten Autoritäten, herrscht. Aus demselben Grunde hat noch neuerlich
Lübker, in einer Kritik über die jüngsthin vorgeschlagenen Methoden*),
den Wunsch ausgesprochen, mehrere aus der Lehrpraxis hervorgegangene
Lehrbücher der Geschichte erscheinen zu sehen, an denen die denselben zu
Grunde liegenden Methoden thatsächlich geprüft werden könnten. Der
vorliegende Leitfaden für den obersten Cursus an mittleren und höheren
Lehranstalten ist das Ergebniß einer mehr als 20jährigen (nicht ohne
günstigen Erfolg gebliebenen) Lehrthätigkeit seines Verfassers, in der dieser
von Anfang her von dem unverrückbaren Streben geleitet wurde, den
gegenwärtigen Anforderungen der Wissenschaft wie des
praktischen Lebens Genüge zu leisten, so weit Beides mit den
Zwecken der Schule in Einklang steht.
Das aus den Ereignissen der letzten Jahrzehende immer entschiedener
hervorgetretene Bedürfnis, daß die Geschichte eine Lehrerin für das
Leben werde, war dem Verfasser schon früh fühlbar geworden, und zur
Befriedigung desselben hielt er vor Allem für erforderlich, bei dem
Unterrichte:
1) so bald als möglich einen Zusammenhang in der gesammten
EntWickelung der Menschheit von den frühesten Zeiten bis auf die Gegen-
wart nachzuweisen, um diese selbst nach allen ihren Richtungen (insbesondere
die Bedeutung des Christenthums, der Reformation, der politischen Be-
wegungen zc.) zu immer klarerem Verständniß zu bringen; dabei aber
2) wegen der Größe des zur Betrachtung zu ziehenden Gebietes die
Ueberficht auf jede Weise zu erleichtem, um sie auch dem Schüler mög-
lichst faßlich und für immer behaltbar zu machen.
Schon zur Erfüllung dieser beiden Forderungen erschien es
3) als eine der dringendsten Rücksichten, den Unterrichts-
ftoff zweckmäßig auszuwählen; doch wurde eine Sichtung des geschichtlichen
*) S. LUbker's gesammelte Schriften zur Philologie und Pädagogik. Halle, 1852.