Full text: Abriß der Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

104 Geschichte der neuesten Zeit. Von 1789 bis 1815. 
jugendliche, obwohl später abgelegte Verschwendung verhaßt war (die «Halsband- 
gefchtchte" tut Jahre 1785). 
Ludwig stellte gleich nach seiner Thronbesteigung die unter seinem Vor- 
gänger (1771) aufgehobenen Parlamente her, um seine eigene Macht zu 
beschränken, erschwerte aber dadurch die Abschaffung der herkömmlichen Vorrechte. 
Bis 1781 leitete Maurepas die Wahl der Minister. Turgot und Males- 
herbes bereiteten allmählich eine gleiche Besteuerung vor, der 'König war aber 
schwach genug, sie alsbald zu entlassen (obwohl er sagte: „nur ich und Turgot 
lieben das Volk!"). Jetzt (1777) sollte Necker, ein Banquier aus Genf, durch 
seinen Credit den Finanzen aushelfen; es gelang ihm eine Zeitlang durch An¬ 
leihen ; als auch er gleiche Besteuerung verlangte, wurde er verabschiedet (1781). 
Um dieselbe Zeit hatte sich Frankreich durch seine Eifersucht gegen England ver¬ 
leiten lassen, sich in den amerikanischen Befreiungskrieg zu mischen. Dort wurde 
Enthusiasmus für Freiheit geweckt (Lafayette), während'der Krieg zugleich 
1781 die Finanzen Frankreichs noch mehr zerrüttete.— Nach Maurepas' Tode (f 1781) 
kam nun auch die Besetzung des Ministeriums völlig unter den Einfluß der 
Königin. Calonne fnchte einen Beschluß für Aufhebung der Steuerprivilegien 
von den (1626 zuletzt versammelten) „Notabeln" zu erwirken, mußte aber, 
als dieses fehlschlug, Brieuue den Platz räumen. Dieser hoffte, die noth- 
wendigen Reformen durch die Zustimmung der Parlamente durchzusetzen; sie 
erklärten aber dazu eine Einberufung der Reichsstände (etats generaux) für 
erforderlich. Dieser Ruf wiederhallte alsbald durch Frankreich. Vergeblich wur- 
1788 den die Parlamente aufgehoben (Mai 1788); eben hierdurch wurden vielmehr 
zuerst einzelne Ausstände hervorgerufen. Als Misernte und ein darauf fol- 
geuder strenger Winter 1788/89 große Roth über das Volk brachte, mußte die 
Regierung bei einer Versammlung der Reichsstände Zuflucht suchen. 
Um Vertrauen zu dieser Maßregel zu erwecken, wurde Necker in das 
Ministerium zurückberufen, der sich jedoch, um es mit keiner Partei zu verderben, 
unentschieden benahm. Er setzte zwar fest, daß der dritte Stand doppelt so 
stark vertreten werden solle, als jeder der Privilegien Stände (etwa 600 Ab¬ 
geordnete des Bürgerstandes neben fast 300 Adligen und über 300 Geistlichen), 
überließ aber die Entscheidung der Hauptfrage, „ob nach Ständen oder 
Köpfen abzustimmen sei?" den Ständen selbst. — Schon hatte tndeß der 
Abb« Sieyes in einer Flugschrift auf die Frage: „Was ist der dritte Stand?" 
die Antwort gegeben: „Alles!" und der französische Bürgerstand fühlte seine 
ganze Bedeutung. So wurde die Eröffnung der Reichsstände (5. Mai 1789) 
1789 der Anfang zu der großen französischen Revolution. 
5. Mai 
1. Die verfassunggebende Versammlung (Constituante), vom 5. 
bis 1791 Mai 1789 bis 30. September 1791 (2y2 Jahr), führt mittels der von ihr 
30. Sept. ausgehenden Constitution eine Beschränkung des Königthums durch die mitt- 
leren Bürgerklassen ein. 
2. Die gesetzgebende Versammlung (Legislative), vom l. Detobet 
21§ @79^ 1791 ^ 21' Sepwiiber 1792 (fast 1 Jahr), durch welche das Königthum 
^ ' beschränkt ist, wird wie dieses selbst, nach dem Anfange des großen Revolutious-
	        
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