Die außereuropäischen Erdtheile. 211
Die größte Bedeutung für den Handel wie für die Auswanderung erlangte
Amerika,
vor Allem das Gebiet der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika. —
Dieser junge Freistaat nahm alsbald nach seiner Losreißung von England 1783 ff. 1783
den freudigsten Aufschwung. Die Zahl der Bewohner wuchs, theils in Folge der¬
reichen und mannigfaltigen Hilfsquellen des Landes, theils durch Einwanderungen,
von 30 zu 30 Iahren auf mehr als das Doppelte an (1783 betrug sie wenig
über 3 Mill., 1810 über 7 Mill., 1840 über 17 Mill.). Das Gebiet wurde
nach Süden bis an den mexicanischen Meerbusen erweitert (durch Ankauf
Louisiana's von Frankreich 1803, Erwerbung Florida's von Spanien 1820);
die Staatengründung jenfett des Mississippi ward 1820 begonnen (Missouri)
und die Colonisation allmählich bis zum stillen Ocean ausgedehnt (der 1805
zur Grenze erklärt war), wo in neuester Zeit Califoruieu durch reiche Gold-
ausbeute (die 1830 zuerst entdeckt ward) ein Hauptziel der Auswanderung und
ein Stützpunkt für den Verkehr über den großen Ocean wurde. Die Zahl der
Staaten war von 1783, wo sie 13 betrug, bis 1850 auf 30 angewachsen *).
Nach der 1789 eingeführten Verfassung sind die Vereinigten Staaten 1789
zu einem republikanischen Bundesstaat gestaltet. Die Grundlage der ge-
sammten öffentlichen Einrichtungen bildet die altgermanische Selbstverwaltung
(self-government). Die gesetzgebende Gewalt in der Bundesrepublik wird
von einem Congreß geübt, der aus einem Repräsentantenhause (Volks-
kammer — Vertretern nach der Kopfzahl) und einem Senat (Staatenhause, zu
welchem jeder Staat zwei Abgeordnete sendet) besteht; die Executivgewalt
ruht in den Händen eines verantwortlichen Präsidenten, der durch Wähler,
die in sämmtlichen Staaten ernannt werden, auf vier Jahre gewählt wird, und
nach denselben höchstens ein zweites Mal wiedererwählt werden darf. Das stehende
Heer beträgt kaum 10 000 Mann; da aber jeder Bürger zur Waffenführung
verpflichtet ist, steht neben jenem eine Miliz von mehr als 1 Million Mann.
Die Seemacht wächst fortwährend. — Die Religion wird sehr geachtet; es
herrscht aber völlige Duldung und die Zahl der Secten ist sehr groß (zum Theil
mit Grundsätzen, die der Sittlichkeit widerstreiten, wie die der Mormonen,
gestiftet 1825, seit 1850 im Utah-Gebiet, nicht als Staat anerkannt). Kirchen
und Schulen sind Angelegenheit der Gemeinden; bei der Begründung neuer Staaten
werden indeß von denselben sogleich Grundstücke zu Kirchen- und Schulzwecken
ausgewiesen. Die materielle Cnltnr und praktische Volksbildung (durch Zeitungen)
stehen hoch; Wissenschaft und Kunst sind hauptsächlich im Dienste des äußeren
Nutzens. Für den Verkehr sind großartige Anlagen geschaffen, Canäle und
Eisenbahnen, welche durch die Landesnatur erleichtert sind. — Die Verschieden-
heit der materiellen Interessen stellt die nördlichen Staaten den süd-
lichen gegenüber, dort ist Ackerbau (auf Getreide) und Gewerbwesen vorHerr-
*) Kalifornien trat 1851 zu; 1865 war dieZahl der Staaten auf 36 gestiegen,
neben welchen 10 Gebiete (Territories) zu künftiger Staatenbildung abgemessen waren,
aus denen 1867 Nebraska als 37. Staat hervorging.
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