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4. Gute Nacht.
1. Gute Nacht! Allen Müden sei’s gebracht. Neigt der Tag sich
»tili zu Ende, ruhen alle fleiss’gen Hände, bis der Morgen neu erwacht.
Gute Nacht!
2. Geht zur Ruh! Schliesst die müden Augen zu. Stille wird es
auf den Strassen, nur den 'Wächter hört man blasen, und die Nacht ruft allen
zu: Geht zur Ruh!
3. Schlummert süss! Träumet euch ins Paradies. Wem die Sorge
raubt den Frieden, sei als süsser Traum beschieden, dass ihn Gott als Freund
begrüss’. Schlummert süss!
4. Gute Nacht! Schlummert bis der Tag erwacht, schlummert bis
der neue Morgen kommt mit seinen neuen Sorgen. Ohne Furcht! Der Vater
wacht! Gute Nacht!
(Theod. Körner.;
5. Der Mond.
1. Im stillen, heitern Glanze tritt er so sanft einher; wer ist im Sternen-
kranze so schön geschmückt, wie er?
2. Er wandelt still bescheiden, verhüllt sein Angesicht; und giebt doch
so viel Freuden mit seinem trauten Licht.
3. Er lohnt des Tags Beschwerde, schliesst sanft die Augen zu, und
winkt der müden Erde zur stillen Abendruh.
4. Schenkt mit der Abendkühle der Seele frische Lust, die seligsten
Gefühle giesst er in unsre Brust.
5. Du, der ihn uns gegeben mit seinem trauten Licht, hast Freud’ am
frohen Leben, sonst gäbst du ihn uns nicht.
6. Hab’ Dank für alle Freuden, hab’ Dank für deinen Mond, der’s Tages
Last und Leiden so reich, so freundlich lohnt!
(Caroline Rudolphi.)
6. Die Sterne.
Viel tausend Sterne prangen am Himmel still und schön und werken
mein Verlangen, hinaus, hinaus zu gehn. 0, ewig schöne Sterne, in ewig
gleichem Lauf, wie blick’ ich stets so gerne zu eurem Glanz hinauf,
zu eurem Glanz hinauf!
7. Frühlingslied.
1. Da lächelt nun wieder der Himmel so blau, mit schimmernden Blu¬
men prangt Hügel und Au; frisch blüht’s nun um die Wipfel, die Hecken
sind Duft, und fröhliche Lieder erfüllen die Luft.
2. In Thälern nun wallen, frei, sonder Verdruss, und Hügel besteigen,
ist Lebensgenuss. Wer wollte noch weilen in lärmender Stadt, die nichts
als Beschwerden und Schattenwerk hat?
3. Die Blumen, ach, werden verduftet bald sein! Schon Tausende schlum¬
mern im Wiesenthal ein. Vom Kirschbaume regnen schon Blüthen herab
und decken der Veilchen balsamisches Grab.
4. Was rings um uns grünet und lächelt, vergeht. Wie bald, dass der
Nord in das Stoppelfeld weht! Dann fallen die Blätter, der Hügel wird kahl,
und Nebel umziehen das welkende Thal.
5. Vorüber flieht alles in traurige Nacht; kein Erdenglück bleibet, so
lieblich es lacht. Wie Rosenpracht schwindet der Könige Zier; wie einsame
Veilchen vergehen auch wir.
6. Doch weiss der Gerechte von Schrecken dann nichts; ihn holet der
Tod als ein Engel des Lichts und winket ihm lächelnd, hinüber zu gehn,
wo Kronen uns schmücken und Palmen uns wehn.
(Joh. Chr. Wagner.)