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Die Zeit der karolingischen, sächsischen und fränkischen Kaiser.
Danach sollten in des Kaisers oder seines Bevollmächtigten Gegenwart die
Bischöfe vom Domkapitel, die Reichsäbte von den Mönchen ihres Klosters
gewählt und die Gewählten vom Kaiser mit den weltlichen Hoheitsrechten durch
das Zepter in Deutschland vor, in Italien und Burgund innerhalb sechs
Monaten nach derWeihebelehnt werden. Wohl behielt der Kaiser entscheidenden
Einfluß bei der Besetzung der Bistümer und Reichsabteien, allein eine andere
ihm gefährliche Macht hatte sehr gewonnen, das Laienfürstentum: war doch
der Jnvestiturstreit nur mit dessen Hilfe entschieden worden.
Mit Heinrich V., dessen Ehe mit einer englischen Prinzessin kinderlos
1125. war, erlosch 1125 das Kaiserhaus.
6. Die Wirkung der Ereignisse auf die geistige Bildung. Die geistige
Bilduug konnte bei dem Lärm der Waffen keine Fortschritte machen. Das
Schrifttum lag noch wie die Kunst allein in den Händen der Geistlichen.
Nur wenige zeigen einige Sprachgewandtheit und Lebendigkeit der Darstellung.
Die großen politischen und kirchlichen Kämpfe regten zur Geschichtschrei-
bung an. So haben wir von dem Hofkaplan Wipo ein „Leben Kon¬
rads II.", und Adam von Bremen schrieb eine „Geschichte des Erzbis-
tumsHamburg" bis zum Tode des Erzbischofs Adalbert, die wichtige Aufschlüsse
über die Geschichte des Nordens enthält. Das Bild Heinriche 1^. erscheint
in den Darstellungen der Zeitgenossen „von der Parteien Gunst und Haß ver-
wirrt". Die deutschen Dichtungen haben größtenteils religiösen Juhalt.
Eine der bedeutendsten ist das Annolied, das mit der Erschaffung der Welt
beginnt und mit einer Verherrlichung des Erzbischoss Anno von Cöln endet.
§ 74. Rückblick.
Drei Herrschergeschlechter leiteten in dem Zeitraum von der Mitte
des 8. bis zum Anfang des 12. Jahrhunderts die Geschicke Mitteleuropas.
Sie alle waren aus deutschem Grundadel hervorgegangen. In allen dreien
ebnete der erste König gleichsam die Wege und wies auf die zu verfolgenden
Ziele hin: König Pippin schloß das Bündnis zwischen Staat und Kirche,
an dem beide Mächte bis gegen das Ende des Zeitraumes festhielten;
Heinrich I. legte den Grund zum Deutschen Reiche, an dessen Ausbau die
Nachfolger arbeiteten; Konrad II. fand für das gefährdete Königtum neue
Bundesgenossen, indem er die kleinen Vafallen, die Ministerialen und die Städte
begünstigte. In allen drei Geschlechtern war der zweite Herrscher der größte;
die folgenden sanken von der erreichten Höhe herab. Karl der Große,_ den
Spuren seines Baters folgend, trat durch die Herstellung der abendländischen
Kaiserwürde in enge Verbiudung mit Italien und dem Papsttum und
bestimmte dadurch die ganze folgende Entwicklung. Wie er wurde Otto 1.
durch die Weltlage dazu gedrängt, sich die Kaiserkrone aufs Haupt setzen
zu lassen; die Notwendigkeit ergab sich aus der Absicht, alle christlichen
Völker des Abendlandes zu einem Reiche zusammenzufassen, und aus der
Bedeutung, die Rom als Mittelpunkt der antiken Kultur und als Sitz des