Full text: Vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

Der Deutsch - Französische Krieg, 1870—1871. 
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Zum Schluß der Feier brachte der Großherzog von Baden das erste 
Hoch auf „Kaiser Wilhelm" aus, das die erlesene Versammlung ergriffen 
und begeistert aufnahm. 
10. Der Friede. Gegen Ende des Monats sah sich die französische Regier 
rung durch den aufs höchste gestiegenen Mangel an Lebensmitteln gezwungen, 
den Leiden ein Ende zu machen; Jules Favre erschien in Versailles und 
vereinbarte einen Waffenstillstand: Paris ergab sich, und eine vom Volke 
gewählte Nationalversammlung in Bordeaux trat zusammen, um über den 
Frieden zu verhandeln. Doch blieb der südöstliche Kriegsschauplatz, wo Belfort 
sich noch hielt, vom Waffenstillstand ausgeschlossen; die Besatzung übergab die 
Festung im Februar den Deutschen unter der Bedingung freien Abzugs. 
Im Auftrage der Nationalversammlung unterhandelte Thiers mit 
Bismarck und schloß am 26. Februar den Vorfrieden zu Versailles. 
Am 1. März hielt ein Teil des Belagerungsheeres seinen Einzug in Paris. 
Der endgültige Friede wurde am 10. Mai in Frankfurt d.M. unterzeichnet. 10.Mai. 
Frankreich mußte das Elsaß ohne Belfort und Deutsch-Lothringen 
einschließlich Metz abtreten und 5 Milliarden Frank Kriegskosten bezahlen. 
IL Die Pariser Kommune. Der Abschluß des endgültigen Friedens 
verzögerte sich so lauge, weil die französische Negierung noch um ihre 
Stellung zu kämpfen hatte. Die Nationalversammlung siedelte nebst der 
von ihr ernannten Regierung, an deren Spitze Thiers als Präsident der 
Republik stand, im März nach Versailles über. In Paris aber erregte 
eine sozialistische Partei, die „Kommune", gestützt auf die Bevölkerung der 
Arbeiterviertel und einen Teil der Truppen, einen greuelvollen Aufstand, 
riß die Regierungsgewalt an sich, bemächtigte sich einiger Forts und führte 
eine Schreckensherrschaft. Doch beschränkte sich die Bewegung auf die 
Hauptstadt. Mac Mahon ging an der Spitze von 120000 Mann, die 
der Versailler Regierung treu blieben, und mit Hilfe schwerer Geschütze 
planmäßig gegen Paris vor, drang im Mai nach langwierigen, erbitterten 
Kämpfen in die Stadt ein und stellte die Ordnung wieder her. Die Tui- 
lerien und viele andere öffentliche Gebäude waren in den Straßenkämpfen 
zerstört worden. 
12. Italien und der Papst. Im September 1870 zog Gambetta die 
französische Besatzung aus Rom zurück. Noch tagte dort das Vatikanische 
Konzil, das am Tage vor der französischen Kriegserklärung das Un- 
fehlbarkeitsdogma verkündet hatte. Während die geistliche Macht des 
Papstes dadurch stieg, hörte der Rest seiner weltlichen Herrschaft mit dem 
Abzug der Franzosen auf. Die Römer erklärten sich durch Volksabstimmung 
für den Anschluß an das Reich Viktor Emanuels, und Rom wurde die 
Hauptstadt Italiens. Der Papst behielt den Vatikan und einige andere 
Gebäude und Grundstücke als nicht zum Königreich Italien gehörigen Besitz 
sowie Stellung und Rechte eines regierenden Herrschers.
	        
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