1. Abschnitt. Die Zeit der Französischen Revolution und Napoleons I-
die sich dabei bereicherten und es an Willkür nicht fehlen ließen wie die
Steuerpächter im alten Römischen Reiche. Sogar die Grundherren ver-
pachteten ihre Steuern, desgleichen die Geistlichkeit die Zehnten.
Die Adligen, die den größten Teil des Bodens besaßen, kauften sich
Offiziersbriefe oder einträgliche Ämter und verpraßten ihre reichen Einkünfte.
Die höhere Geistlichkeit war vielfach verweltlicht, die niedere arm an
Einkommen und Bildung. Die Bauern mußten mehr als die Hälfte ihres
Einkommens an Steuern bezahlen und führten, obgleich sie größtenteils
freie Eigentümer waren, ein elendes Leben. Wer Verbesserungen einführte
und sein Land gut ausnutzte, wurde höher eingeschätzt; wer nicht bezahlen
konnte, kam ins Gefängnis; so geschah es, daß man lieber das Land unbebaut
liegen' ließ, da man doch keinen Nutzen von ihm hatte. Auch in den
Städten traf der Steuerdruck hauptsächlich die Ärmeren. Die Schutzzölle
begünstigten die Großindustrie, während die Tätigkeit der Handwerker durch
die Satzungen der Zünfte eingeengt war; denn der Wettbewerb der freien
Handwerker wurde von denen, die sich für schweres Geld ihr Zunftrecht
erkauft hatten, nicht zugelassen.
Die Bürger und Bauern erfüllte Ingrimm gegen den Staat und die
bevorzugte Klasse. Reiche Nahrung erhielt diese Stimmung aus den Schriften
der Aufklärung und der Physiokraten, die die politischen und Wirtschaft-
liehen Zustände beleuchteten; das Erscheinen Franklins und der amerikanische
Krieg stärkten die republikanische Gesinnung.
4. Reformversuche. Ludwigs XVI. erster Finanzminister Turgot, ein
Physiokrat, suchte die Lage der Bauern u. a. durch die Befreiung des Getreide¬
verkehrs von Provinzialzöllen zu bessern, mußte aber bald auf Betreiben
der Hofpartei, von der sich der König beeinflussen ließ, sein Amt nieder-
legem Nicht besser ging es seinem Nachfolger Necker, einem Bankmann
aus Genf, der zunächst durch neue Anleihen zu helfen suchte. Die allgemeine
Unzufriedenheit, der Widerstand des Pariser Parlaments gegen neue Steuer-
erlasse und die Erkenntnis, daß die oberen Stände stärker zur Steuer-
zahlung herangezogen werden müßten, bewogen den Minister Calame, die
Notabeln, königliche Vertrauensmänner aus dem Adel, der Geistlichkeit,
den Parlamenten und den Städten, zu berufen, um ihre Zustimmung zu
einer allgemeinen Grundsteuer zu erlangen. Allein da die bevorrechtigten
Klassen nicht auf ihre Abgabenfreiheit verzichten wollten, griff der Komg
auf den Rat Neckers, der 1788 wieder das Finanzministerium übernahm,
zum letzten Mittel: er versprach die von der öffentlichen Meinung geforderte
Berufung der Reichsstände, der 6tats g6n6raux, die feit 1614 nicht mehr
zusammengetreten waren. Schlechte Ernten und ein strenger Winter
steigerten die Erregung des Volkes, die sich im Frühjahr 1789 an vielen
Orten in Gewalttaten gegen Adlige und Geistliche äußerte.