Full text: Lehr- und Lesebuch für die Schüler in Tirol

zur Beförderung guter Gesinnungen rc. HZ 
Eltern sehr versündigte. Indeß beruhigte er sich bald 
durch die eitle Hoffnung, daß er sein Glück machen, und 
dann sehr leicht Vergebung erhalten würde. Er wan¬ 
derte einige Tage nach einander fort, und erfchrack nicht 
wenig, als er bemerkte, daß seine Baarschaft zu Ende 
gieng. Nun machte er einige Versuche bei guten Leu¬ 
ten unterzukommen, allein überall wies man ihn ab, 
theils weil er nicht sehr ordentlich aussähe, theils weil 
er noch sehr jung und schwächlich war. Dennoch sehte 
Herrmann seine Wanderschaft fort, denn er schämt und 
fürchtete sich nun, zu seinen Eltern zurück zu kehren» 
Der Hunger zwang ihn endlich, einen Dauern zu bitten, 
daß er ihn in seine Dienste nehmen möchte, und dep 
Bauer war auch bereit dazu ; allein Herrmann sollte nun 
allerlei schwere Arbeiten thun, und bekam dabei so 
schlechtes Essen, daß er bald nicht mehr aushalten konn¬ 
te. Nun kam er zur Besinnung, bereuele schmerzlich, 
was er gethan hatte, und beschloß, zu seinen Eltern zur 
rück zu kehren. In einem höchst traurigen Zustande, 
bleich, abgezehrt und zerlumpt kam er in seiner Vater¬ 
stadt wieder an, und wartete den Abend ab, um sich 
dann im Dunkeln nach dem Hause seiner Eltern hinzu¬ 
schleichen. Sein Vater erkannte ihn anfangs nicht, 
und erfchrack über den kläglichen Zustand, in welchem 
er ihn vor sich sahe. Sehr ernsthaft, aber doch gütig 
empfieng er ihn; seine Mutter weinte Freudenthranen 
über ihren verlohrnen und nun wieder gefundenen Sohn. 
Reuevoll gestand er, daß er nicht mehr werth sey, ihr 
Cohn zu heißen, und demüthig unterwarf er sich der 
verdienten Strafe. Sie bestand darin, daß er eine 
Zeit lang nicht an dem Tische seiner Eltern essen, und 
in ihrer Gesellschaft seyn durfte, sondern in einem ent¬ 
fernten Zimmer des Hauses einsam seine Zeit zubrin¬ 
gen mußte. Herrmann wurde von dieser Zeit an ein 
guter Sohn. 
43. Unterschied zwischen Sparsamkeit 
^ und Geih. 
einer kleinen Stadt wurden von der Obrigkeit 
einige gutdenkende Bürger von Haus zu Haus um- 
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