Full text: Vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

12 1. Abschnitt. Die Zeit der Französischen Revolution und Napoleons I. 
Zur Abhilfe der Geldnot zog die Versammlung für den Staat alle 
Kirchengüter ein, die einen Wert von 2 Milliarden Franken hatten. Da 
sie aber nicht gleich verkauft werden konnten, gab man Papiergeld, für das 
die Güter die Deckung bilden sollten, heraus, die Assignaten, die durch ihre 
außerordentliche Vermehrung zuletzt fast ganz ihren Wert verloren und die In- 
Haber schwer schädigten. Die Güter aber brachten bei der Nachlässigkeit der 
eingesetzten Verwalter wenig ein, viele wurden zu Spottpreisen verschleudert. 
Von den Mönchsorden durften nur die fortbestehen, die sich dem 
Jugendunterricht oder der Krankenpflege widmeten. Die Geistlichen sollten 
aus der Staatskasse besoldet werden und den Eid auf die Verfassung leisten. 
Die meisten aber verweigerten im Einverständnis mit ihren Gemeinden die 
Eidesleistung, obgleich die Strafe der Absetzung darauf stand. So schuf 
die Nationalversammlung, die sich die Aufgabe gestellt hatte, den Staat 
neu zu ordnen, zunächst Unordnung und Verwirrung. 
Die Verfassung kam erst im September 1791 zum Abschluß. Voran¬ 
gestellt wurde nach dem Beispiel Amerikas eine Erklärung der Menschen- 
rechte, die durch den Satz, jeder Mensch habe das Recht, sich gegen Unter- 
drückung aufzulehnen, bei der nicht zur Freiheit erzogenen Masse des Volkes 
das Ansehen jeder obrigkeitlichen Gewalt untergraben und der Zuchtlosigkeit 
Vorschub leisten mußte. Von der königlichen Macht blieb wenig übrig. 
Vergebens mahnte der gemäßigte Mirabeau: „Die Freiheit des Volkes 
bedarf eines Königs!" Das alleinige Recht, Gesetze vorzuschlagen und zu 
beschließen, erhielt eine aus zwei Jahre zu wählende Gesetzgebende Ver- 
sammlung. Dem König bewilligte man nur ein aufschiebendes Einspruchs- 
recht. Er behielt zwar die vollziehende Gewalt, aber diese wurde stark 
verkürzt durch eine ausgedehnte Selbstverwaltung. Das Volk wählte 
seine Verwaltungsräte, Gemeindevorsteher, Geistlichen, Lehrer und Richter, 
diese — zum Schaden ihrer Unabhängigkeit und Unparteilichkeit — aus 
sechs Jahre; sogar die Unteroffiziere wählten ihre Offiziere. Das Wahlrecht 
war an einen geringen Steuersatz geknüpft; man wählte erst Wahlmänner 
wie heute in Preußen. Zum Zweck der Verwaltung und der Wahlen 
erhielt Frankreich eine Einteilung in 83 Departements. 
Unter den Mitgliedern der Nationalversammlung bildeten sich Klubs, Die 
in besonderen Versammlungen die Gegenstände für die allgemeinen Sitzungen 
vorbereiteten und beschlossen, wie sie abstimmen wollten. Der wichtigste war 
der nach seinem Versammlungsort, einem aufgehobenen Jakobinerkloster in 
Paris, benannte Jakobinerklub, der eine völlig volksherrliche Republik 
erstrebte. Er trat mit verwandten Vereinen, die in ganz Frankreich ent- 
standen, in Verbindung und übte durch seine starke Einheit in der folgenden 
Zeit auf den Gang der Ereignisse den größten Einfluß aus. Um die Ge- 
mäßigten möglichst von der Leitung des Staates fernzuhalten, fetzte er tri 
der Verfassunggebenden Versammlung den Beschluß durch, daß keins ihrer 
Mitglieder in die Gesetzgebende Versammlung gewählt werden dürfe. Schon
	        
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