Full text: Vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

Geistiges Leben. 
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Bald kam die Nachahmung der antiken Kunst völlig zum Durchbruch. 
Am stärksten zeigte sie sich, von Napoleon begünstigt, zur Zeit des ^Kaiser- 
reiches in Frankreich. In der Baukunst ahmte man die antiken Formen 
möglichst genau nach. So ist die Kirche St. Madeleine in Paris im 
Äußern ein reiner korinthischer Tempel. Von den beiden Triumphbogen, 
die Napoleon zur Verherrlichung seiner Siege errichten ließ, Are du Carrousel 
und Arc de l'Etoile, ist jener eine Nachbildung des Triumphbogens des 
Septimius Severus in Rom. In Deutschland ahmte man griechische 
Vorbilder weniger genau, aber mit besserem Verständnis für die Bedürs- 
nisse der Gegenwart nach. Schon das um 1790 von Langhaus erbaute 
Brandenburger Tor in Berlin, das an die Propyläen in Athen erinnert, 
zeigt die Selbständigkeit des Künstlers. Nach den Befreiungskriegen wurde 
Schinkel der Hanptvertreter dieser Richtung. Seine bedeutendsten Werke 
sind das Alte Museum und das Schauspielhaus in Berlin. 
Auch in der Zimmerausstattung suchte man während der Napoleo- 
ittschen Zeit Anlehnung an das klassische Altertum, auf die kurze Herrschaft 
des Zopfes folgte der Empirestil. Die Sitzmöbel erhielten wieder gebogene 
Beine und größere Festigkeit. Der Empirestil fand weite Verbreitung und 
erhielt sich lange, auch als später das Rokoko zurückgekehrt war. 
In der Malerei gilt Chodowiecki, der in der zweiten Hälfte des 
18. Jahrhunderts lebte und zuletzt Leiter der Berliner Akademie der 
Künste war, als Vorläufer der klassischen Zeit. Er zeichnete sich aus als 
Radierer und Kupferstecher; in vielen Zeichnungen schilderte er Szenen aus 
dem täglichen Leben und versah die bedeutendsten literarischen Erscheinungen 
mit Bilderschmuck. Angelika Kauffmauu aus Chur lebte meist in Italien, 
gefeiert von Künstlern und Gelehrten. Unter ihren Werken sind am besten die 
Bildnisse, z. B. Winckelmann und Herder, gelungen. Carstens aus Schleswig, 
der eigentliche Gründer der klassischen Richtung, lebte in seiner späteren Zeit, 
gegen Ende des 18. Jahrhunderts, in Rom. Er hat wenig Gemälde, aber 
viele Zeichnungen hinterlassen, die im Geiste des Altertums gedacht und aus- 
geführt sind. Von ihm gingen in Deutschland die späteren „Klassizisten" 
aus. in Frankreich galt i. L. David als der größte Maler seiner Zeit, 
berühmt durch den theatralisch aufgefaßten „Schwur der Horatier". 
David brachte die „griechische Mode" auf, die die größte Einfachheit an die 
Stelle der früheren Unnatur setzte und um 1800 überall zur Herrschaft gelangte. 
Von hier nahmen die weiteren Wandlungen der weiblichen Kleidung ihren Ausgang. 
Die deutsche Malerei bildete sich fort zur chriftlich-romantischen 
Richtung, die mit Cornelius. Overbeck und Schnorr von Carols- 
feld in Rom anhebt. Cornelius, einer der größten Meister der philo- 
sophierenden Malerei, geboren in Düsseldorf, besuchte die Akademie seiner 
Vaterstadt und ging 1811 nach Rom, dem Hauptsitz der deutscheu Maleret. 
Er drang auf Wiedereinführung der Freskomalerei, damit auch die Kunst 
an dem frischen Aufschwung des Vaterlandes teilnehme, und um eilte Probe
	        
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