Schneeweiße Blüten auf mich streut,
Hühner gackeln um mich her,
55 Unachtend, was das für ein Vetter wär'.
Da geht mein Pfarrherr nun vorbei,
Grüßt den Meister und lächelt: „Ei,
Wär's so weit mit uns, armer Hahn?
Andrees, was fangt Ihr mit ihm an?
60 Ihr könnt ihn weder sieden noch braten,
Mir aber müßt' es schlimm geraten,
Einen alten Kirchendiener gut
Nicht zu nehmen in Schutz und Hut.
Kommt, tragt ihn mir gleich vor ins Haus,
65 Trinket ein kühl Glas Wein mit aus!"
Der rußig Lümmel, schnell bedacht,
Nimmt mich vom Boden auf und lacht.
Es fehlt' nicht viel, so tat ich frei
Gen Himmel einen Freudenschrei.
70 Im Pfarrhaus ob dem fremden Gast
War groß und klein erschrocken fast;
Bald aber in jedem Angesicht
Ging auf ein rechtes Frendenlicht.
Frau, Magd und Knecht, Mägdlein und
75 Buben
Den großen Göckel in der Stuben
Mit siebenfacher Stimmen Schall
Begrüßen, begucken, betasten all'.
Der Gottesmann, drauf mildiglich
80 Mit eignen Händen trägt er mich
Nach seinem Zimmer, Stiegen auf,
Nachpolteret der ganze Häuf'.
Hier wohnt der Frieden auf der Schwell'!
In den geweißten Wänden hell
85 Sogleich empfing mich sondre Luft,
Bücher- und Gelahrtenduft,
Gerani- und Rcsedaschmack,
Auch ein Rüchlein Rauchtabak.
(Dies war mir all noch unbekannt.)
90 Ein alter Ofen aber stand
In der Ecke linker Hand.
Recht als ein Turn tät er sich strecken
Mit seinem Gipfel bis zur Decken,
Mit Säulwerk, Blumwerk, kraus und
95 spitz —
O anmutsvoller Ruhesitz!
Zuöberst auf dem kleinen Kranz
Ter Schmied mich auf ein Stänglein
pflanzt'.
Betrachtet mir das Werk genau! 100
Mir deucht's ein ganzer Münsterban;
Mit Schildereien wohl geziert,
Mit Reimen christlich ausstaffiert.
Davon vernahm ich manches Wort,
Dieweil der Ofen ein guter Hort 105
Für Kind und Kegel und alte Leut',
Zu plaudern, wann es wind't und schneit.
Seit daß ich hier bin, dünket mir
Die Winterszeit die schönste schier.
Wie sanft ist aller Tage Fluß 110
Bis zum geliebten Wochenschluß!
— Freitag zu Nacht, noch um die
Neune,
Bei seiner Lampen Trost alleine,
Mein Herr fängt an sein Predigtlein 115
Studieren; anders mag's nicht sein;
Eine Weil' am Ofen brütend steht,
Unruhig hin und dannen geht:
Sein Text ihm schon die Adern reget;
Drauf er sein Werk zu Faden schlüget. 120
Jnmittelst einmal auch etwan
Hat er ein Fenster aufgetan —
Ah, Sternenlüsteschwall wie rein
Mit Haufen dringet zu mir ein!
Den Verrenberg ich schimmern seh', 125
Den Schäferbühel dick mit Schnee!
Zu schreiben endlich er sich setzet,
Ein Blättlein nimmt, die Feder netzet,
Zeichnet sein Alpha und sein O
Über dem Exordio. 130
Und ich von meinem Postament
Kein Aug' ab meinem Herrlein wend';
Seh', wie er mit Blicken steif ins Licht
Sinnt, prüfet jedes Worts Gewicht,
Einmal sacht eine Prise greifet, 135
Vom Docht den roten Butzen streifet;
Auch dann und wann zieht er vor sicb
! Ein Sprüchlein an vernehmentlich.