Das Volk Israel.
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Fräften, bem Moloch unb ber Astarte, benen Menschenopfer bar¬
gebracht mürben, fast zu einem unb demselben Begriff. Eine höhere
unb reinere Anschauung giebt sich nur etwa in bem Stadtgott ber
Tyrier, Melkart, funb; bies ist ber Gründer aller gesetzlichen Orbnung,
ber Schutzgott ber Seefahrten unb Kolonieen^).
§ 6. Das Volk Israel. [Sie Hebräer in Kanaan. Auf¬
enthalt in Ägypten. Moses um 1300. Rückkehr nach Kanaans
Einen weit sittlicheren Charakter als alle anberen semitischen Völker trug
von vorn herein derjenige kleine Stamm, ber vor alters zu Ur in
Chalbäa seßhaft, erst in bie Gegenb vonHaran (am mittleren Euphrat),
dann unter Abraham in das Jordanland wanderte und von den dort
wohnenden Kanaanitern Jvrim oder Hebräer d. i. Jenseitige ober
Fremde genannt wurde. Sein außerweltlicher Gott, Jeho va^), bildete
den entschiedensten Gegensatz zu Baal; er ist der Schöpfer des Himmels
und der Erde und vor allem des Menschen, den er zu seinem Ebenbilde
gemacht und zum Herrn der Erde bestimmt hat. Wie Abraham, so
lebten auch seine Nachkommen Isaak und Jakob oder Israel, nach
dem sich später das ganze Volk benannte, als Patriarchen unter ihren
nomadischen Stammgenossen, die dann von Jakobs Sohne Josef be-
stimmt wurden nach Ägypten auszuwandern. Hier blieben sie wohl
über zwei Jahrhunderte und erwuchsen in dem ihnen angewiesenen
Lande Gosen zu einem zahlreichen Volke; aber durch die Pharaonen
schwer bedrückt, verließen sie Ägypten unb folgten ihrem gewaltigen
Führer Moses, ber ihnen bas „Laub ber Verheißung" zurückzugeben
hoffte unb am Sinai bas Gesetz verkünbete. Jnbessen nicht ihm, sondern
seinem Nachfolger Josna gelang es erst nach schweren Kämpfen, ben
Kanaanitern bas Westjordanland ober Palästina3) zu entreißen unb unter
bie zwöls Stämme bes Volkes zu verteilen.
[Seit ber Richter 1300—1055. Königszeit 1055—953.
Spaltung bes Reichs 953.] Es folgte nun eine lange Zeit der
äußersten Verwirrung, in der die Nation völlig auseinandergefallen und
den Angriffen feindseliger Nachbarstämme, der Ammoniter, Moabiter,
Philister u. a. erlegen wäre, wenn nicht in den Augenblicken höchster
') Phönikisch ist auch die Sage von dem schönen, durch einen Eber getöteten
Jüngling Adonis, worin die Vergänglichkeit des Lebens wiedergespiegelt wird.
3) Richtiger wäre „Zahve" zu sagen, aber „Jehova" hat historisches Bürger-
recht erlangt.
3) Palästina Philistäa, so von den Ägyptern (und Griechen) nach dem
Nachbarvolke der Philister genannt.