Full text: Die Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

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Dritter Zeitraum des Mittelalters: 1096—12/3. 
jenen Ländern wichtiger sein, als dem Papste Jnnocenz III.? Auch 
wirkte er für diesen Zweck nach seiner gewöhnlichen, Alles umfassenden 
Thätigkeit, sowohl in Asien, als in Europa. Er und die Cardinäle 
gingen mit gutem Beispiele voran und bestimmten ein Zehnthcil aller 
ihrer Einnahmen für die Rettung des heiligen Landes. 
Die Vorrechte, welche man den Pilgern schon früher bewilligt hatte, 
wurden erneuert und noch vermehrt. Zugleich staud in Frankreich ein 
Mann auf, welcher zwar nicht durch eigene Anschauung des Morgen¬ 
landes befeuert war, wie Peter von Amiens, oder durch Gewandtheit 
und Gelehrsamkeit unterstützt, wie Bernhard von Clairvaux, aber für 
den Kreuzzug dennoch sehr vortheilhaft wirkte. Schon seit langer Zeit 
durchzog Meister Fulko predigend das Land und erschien auf dem 
Turniere, welches Graf Theobald von Champagne (der Bruder des in 
Akkon umgekommenen Heinrich) zu Escry, einem Schlosse an der Aisne, 
veranstaltete. Von einer Erhöhung herab sprach Fulko mit solchem 
Nachdruck für die morgenländischen Christen, daß viele Anwesende zu 
einem ritterlichen Zuge das Kreuz nahmen. Allmählich wuchs auch die 
Zahl der geringeren Kreuzfahrer; sechs Barone, welchen man auf einer 
in Soissons gehaltenen Versammlung unumschränkte Vollmacht zu allen 
weiter nöthigen Verhandlungen gab, eilten voraus nach Venedig und 
schlossen folgenden Vertrag: „Die Venetianer stellen Schiffe für 4500 
Pferde, 9000 Schildträger, 4500 Ritter und 20,000 Fußgänger; sie 
liefern Lebensmittel für Menschen und Thiere auf neun Monate. Hic- 
für zahlen jene noch vor der Abfahrt 85,000 Mark Silber kölnischen 
Gewichts. Alle binnen Jahresfrist zu machenden Eroberungen werden 
getheilt und etwaige Streitigkeiten durch sechs von jeder Seite erwählte 
Richter geschlichtet. Um Johannis 1202 segelt die Flotte mit dem 
Heere ab und richtet ihren Lauf gen Aegypten, dessen Unterwerfung die 
Freiheit des heiligen Landes unmittelbar begründet." 
Unter Leitung des Markgrafen Bonifaz von Montfcrrat zogen die 
französischen Pilger durch Burgund und die Lombardei nach Venedig, 
die Deutschen trafen etwas später über Basel und Trient dort ein. Allein 
Vielen waren schon auf dem Wege bis dahin die Mittel ausgegangen, 
und diese verlangten nun, daß man sie unentgeltlich mitnehmen oder daß 
die Wohlhabenden für sie zahlen möchten, während Andere verlangten, 
daß jene Zurückbleiben und die richtig Bezahlenden allein voraussegcln 
sollten. Der 94jährige Doge Heinrich Dandolo, der durch eine Wunde, 
oder, nach Anderen, durch die Grausamkeit des byzantinischen Kaisers 
Manuel den Gebrauch der Augen verloren hatte, vermittelte die Sache 
so, daß die Kreuzfahrer den Venetianern zur Wiedereroberung der zum 
Könige von Ungarn abgefallenen Stadt Jadera (Zara) in Dalmatien 
Hülfe leisten sollten. Das geschah, die Stadt ward erstürmt (24. Nov. 
1202) und aus der auf die Franken fallenden Beute ward ein Theil 
ihrer Schuld an die Venetianer abgetragen. Während die Flotte (von 
480 Schiffen) in Dalmatien überwinterte, erhielt der weitere Zug un¬ 
erwartet ein ganz anderes Ziel.
	        
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