Full text: Vom Untergange des Weströmischen Reiches bis zum Westfälischen Frieden (Teil 2 = 6 [des Gesamtw.])

12 Die Kriege der Germanen mit den Römern bis 180 nach Chr. 
verleiht. — Unter den Göttinnen ragen hervor: Frigg und Freya, 
beide wohl zu unterscheiden aber schon frühzeitig verwechselt. Frigg, 
Wuotaus erste Gemahlin, ist das Vorbild aller Hausfrauen, Beschirmerin 
der Ehe und Überwacheriu der Spinnkunst; Freya dagegen ist die Göttin 
der Liebe, wie Venus. Von beiden wieder verschieden ist Nerthus 
(die Nährerin), d. i. die Mutter Erde. Als Feinde der Menschen, also 
der Welt der Riesen angehörig, werden namentlich angesehen Loki (d. i. 
eigentlich die Abnahme des Lichts), das alles verzehrende Feuer, und 
seine Tochter He la (d. i. die Hehlende, Hölle), die alle nicht im Kampfe 
Verstorbenen in ihr unterweltliches Reich führt. 
Der Gottesdienst geschieht im Walde, in heiligen Hainen, ohne 
Tempel und Bildwerke; aber an Kultus-Gegenständen mag es nicht 
völlig gefehlt haben, wie die Jrminsnl in Westfalen beweist. Einen 
gesonderten Priester stand, wie bei den Celten die Druiden, giebt es 
bei den Deutschen nicht; wohl sind Priester und Priesterinnen (für be¬ 
stimmte Götter und Göttinnen) für ganze Gaue und Stämme vorhanden, 
aber diese opfern und weissagen nicht allein, sondern dies thun auch die 
Könige und die Grafen für das Volk, jeder Hausvater für das Haus. 
Die Priester vollstrecken allerdings die vom Könige oder vom Volke ge¬ 
sprochenen Todesurteile oder bringen die zu Menschenopfern ausersehenen 
Gefangenen ums Leben. 
Heitere und ernste Gebräuche der mannigfachsten Art belebten den 
sinnigen und tiefempfundenen Glauben der alten Germanen, und gar 
vieles davon hat sich in Sage und Aberglaube noch bis auf den heutigen 
Tag erhalten. Am großartigsten aber war wohl der Gedanke von dem 
Untergange nicht bloß der schuldigen Menschen, sondern auch der mit 
Schuld beladenen Götter in dem letzten furchtbaren Kampfe zwischen 
Äsen und Riesen, in der Götterdämmerung oder dem Welten¬ 
brande (Muspilli, d. h. Sage vom Weltuntergänge); es erhebt sich dann 
eine gereinigte juuge Welt mit schuldlosen Menschen und Göttern. 
3. Vorgeschichte der Germanen bis zum Untergänge des West¬ 
römischen Reiches. 113 v. Chr. bis 476 nach Chr. 
§ 7. Die Kriege der Germanen mit den Römern bis 180 
nach Chr. Die äußere Geschichte der germanischen Völker verlief 
Jahrhunderte lang fast ausschließlich iu kriegerischen und friedlichen Be¬ 
ziehungen zum Römischen Reiche. Die einzelnen Ereignisse sind aus 
dem ersten Teile des Lehrbuches bekannt uud sollen hier nur kurz in
	        
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