Full text: Die Neuzeit (Teil 3)

— 83 — 
Zu d) Das Merkantilsystem, d. h. die Hebung von Handel und In- 
dustrie durch staatliche Maßregeln: Eingangszölle, Ausfuhrprämien, Staatsfabriken 
und Monopole, wurde durch (Solbert ausgebildet. Derselbe brachte Ordnung in 
den Staatshaushalt, schuf neue Fabrikationszweige (Seidenzeuge, Spiegel, Tapeten, 
Spitzen, Porzellan-' und Glaswaren, „leonische" Waren aus Gold- und Silberdraht 
wurden hergestellt, die Weberei und Wirkerei den Engländern und Holländern nach- 
gemacht), belebte den Handel durch Anlage und Erweiterung von Häfen (so in Cette 
und in dem den Engländern abgekauften Dünkirchen) und durch Kanäle (besonders 
den Südkanal in Langnedoc, welcher das Mittelländische Meer mit dem Atlantischen 
Ozean verbindet). Die Kriegsmarine Frankreichs (im Jahre 1683 267 Kriegsschiffe) 
war der englischen und holländischen nahezu ebenbürtig: die Kolonien wurden vermehrt 
(s. S. 8); Handelsverträge mit anderen Nationen (den Niederländern, Schweden, 
Dänen) abgeschlossen; Handelsgesellschaften nach dem Muster der englischen und hol- 
ländischen Kompagnien gegründet. 
Die unaufhörlichen Kriege und die großen Ausgaben für den Hof und für 
öffentliche Bauten verschlangen die künstlich gesteigerten Einkünfte, so daß der fran- 
zösische Staat zu Beginn des Spanischen Erbfolgekrieges bereits 1000 Millionen Livres 
Schulden hatte. Auch war über der einseitigen Begünstigung der Industrie die Land- 
Wirtschaft vernachlässigt und mit Abgaben gedrückt worden. Daher mehrten sich gegen 
das Ende der Regierung Ludwigs XIV. die Klagen über Verarmung des Landes bei 
äußerem Glänze. 
Zu e) 1. Ludwig XIV. drang trotz seiner streng kirchlichen Gesinnung auf 
Willfährigkeit des französischen Klerus in Verwaltungssachen. Da er die Freiheiten 
der gallikanischen Kirche, welche die Wahl der Bischöfe und die Abgaben nach Rom 
betrafen, durch ein Nationalkonzil französischer Prälaten bestätigen ließ, geriet er 
auf lange Jahre in Gegensatz mit dem päpstlichen Stuhl, wobei jedoch die französische 
Geistlichkeit fast ausschließlich auf der Seite des Königs stand. 
2. Die Jansen ist en (so genannt nach dem Bischof Cornelius Jansen von 
Npern m Westflandern, f 1638), welche von der Angustinischen Rechtfertigungslehre 
ausgehend und beeinflußt vom Kalvinismus die Gnadenwahl lehrten und die innere 
Religiosität gegenüber der äußeren Kirchlichkeit betonten, hatten im Kloster Port Royal 
bei Paris eine Stätte, in Pascal (f. o.) und anderen Geistlichen Verteidiger, am Hofe 
selbst Gönner gesunden. Nach der Verwerfung ihrer Lehre durch den römischen Stuhl 
wurden die Jansenisten auch vom König unterdrückt. (Dieselben bestehen noch heute 
als besondere Kirche mit einem Erzbischof in Utrecht.) 
3. Vor allem fühlte der Protestantismus die Strenge des Königs. Nene 
Ubertritte zum Kalvinismus wurden verboten, die Reformierten zum Rücktritt zur 
katholischen Kirche veranlaßt2 oder aus ihren Ämtern verdrängt, Kirchen geschlossen. 
Im Jahre 1685 erfolgte dann die Aufhebung des Ediktes von Nantes, Verbot des 
öffentlichen Gottesdienstes und Schließung der Schulen. Trotzdem Galeerenstrafe 
und Verlust des Vermögens auf die Auswanderung gesetzt war, verließen doch an 
500000 Kalvinisten Frankreich und fanden in den Niederlanden sowie in Deutschland 
(besonders in der Pfalz und den verschiedenen hohenzollernschen Landen) eine neue 
Heimat; die Auswanderung dieser gewerbfleißigen Bewohner war für Frankreich eine 
1 Die Porzellanfabrik in Skvres bei St. Clond wurde das Vorbild für ähn- 
liche Schöpfungen in anderen Ländern. 
2 .So änderte schon Tnrenne dem König zuliebe seinen Glauben; im Anfang 
der Regierung Ludwigs XIV. gab es an 2 Millionen Reformierte in Frankreich, 
gegen das Ende derselben kaum eine halbe Million.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.