96 Die Zeit der gr. französischen Revolution u. d. napoleonischen Militärdiktatur.
einen schon lange vorbereiteten Ansstand und drangen bis in die Gemächer
des Königs in den Tuilerien. Der beabsichtigte Königsmord kam nicht
znr Ausführung, weil die Kaltblütigkeit des Bedrohten die Verführten
entwaffnete. Als Lafayette von dem bei Sedan stehenden Heere erschien
und Bestrafung der Aufrührer forderte, fchien es einen Augenblick, als
ob noch einmal der bessere Sinn die Oberhand gewönne über die Bos¬
heit; aber die Gewalt des Schreckens schüchterte die ruhigen Bürger ein.
40 000 Mann, vor denen die Häupter der Revolution Sorge hegten,
wurden allmählich als „Freiwillige" ins Feld geschickt, und die Girondisten
betrieben gauz offen die Absetzung des Königs, besaßen aber schon nicht
Kriegsmani-^ehr die Macht. Das unkluge Kriegsmanisest des Feldherrn der Der-
Herzogs von bündeten österreichisch-preußischen Armee, des Herzogs Karl Wilhelm
fthwdg Ferdinand von Braunschweig, entworfen von einem Emigranten, aber
25. Juli 1792. durch törichte Drohungen verschlechtert, bot den Feinden des Thrones nur
willkommenen Anlaß zu neuer Hätz gegen den „Hochverräter". Die Ver¬
sieg ber treter der Ordnung hatten die Nationalversammlung verlassen. Nachdem
rt^.die Jakobiner in der Nacht des 9./10. August 1792 an Stelle des Stadtrats
1792. uon Paris einen revolutionären Gemeinde rat eingesetzt hatten, erstürmten
am 10. August ihre Banden die Tuilerieu und metzelten die treuen Schweizer¬
gardisten, die sich aus Befehl des Königs des Feuerns enthielten, nieder-
unter dem Brüllen der „Marseillaise", die Rouget de Lisle als Kriegslied
für die „Rheinarmee", nicht für die Blutarbeit der aus Marseille nach
Paris geholten Mörderbanden gedichtet hatte.
Über den König, der sich mit seiner Familie in den Schutz der
Nationalversammlung begeben hatte, sprach diese, der Bund seiner Tod-
feinde, die Suspension aus und setzte ihn mit den Seinigen gefangen
im „Temple", dem alten Ordenshaufe der Tempelritter. In dem neuen
Ministerium saß neben dem Giroudisten Roland der gewalttätige „Cor-
delier" Danton, der seine Haupttätigkeit im Schwelgen erblickte und
etwaigen Versuchen der Rohalisten oder Ordnungsliebender, den Staat zu
retten. durch ein Schlachtfest der Bluthunde zuvorkam. Lafayette,
schwächlich wie immer, versäumte den richtigen Augenblick, an der Spitze
des Heeres die Ordnung wiederherzustellen, mußte mit anderen Gemäßigten
die Flucht ergreisen uud geriet in österreichische Gefangenschaft, in der es
ihm besser erging, als wenn er in die Hände der Revolutionäre gefallen
wäre. Die Presse in Paris ward geknebelt, nur der blutlechzende »Ami
du peuple" eines Marat und gleichrote Blätter durften Haß säen.
19. slugust Das Einrücken des Heeres der Verbündeten in Frankreich, so laug-
1792> sam es geschah, erfüllte doch die „Kommune" in Paris mit Angst, es
möchte eine Volkserhebung zugunsten des Königtums stattfinden. Um
von jedem derartigen Versuche abzuschrecken, ließ Danton als Justiz-
minister am 30. und 31. August plötzlich in Paris Haussuchung abhalten
und alle Verdächtige, d. h. alle eidweigernden Priester, Adlige, Wohl-