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bald unterdrückt, desto schrecklicher brach sie 3 Monate später aus. Am 6. Juni
steckte die durch Fernando Martinez entflammte Menge die Judenstadt in Sevilla
m Brand und vernichtete die ganze, 7000 Familien zählende Gemeinde; 4000
wurden getödtet, die übrigen Hessen sich taufen.
Von Sevilla wälzte sich die Verfolgung wie ein vernichtender Lavastrom
über ganz Spanien. Am 20. Juni (17. Tammus) fand das Schlachten in Toledo
statt, unter den Märtyrern fiel auch der Enkel Ascheri’s mit seiner Familie.
Gleiches Schicksal erfuhren die Juden in Aragonien; in Valencia blieb von 5000
Juden nicht ein einziger übrig, die meisten nahmen das Christenthum an. Am
2. August begann das Morden in Palma, der Hauptstadt Mallorcas, wo sich eine
ansehnliche Gemeinde befand; an 300 Personen fanden den Tod, gegen 800
retteten sich in das königliche Castell, die übrigen liessen sich taufen. Drei
Tage später kam Barcelona an die Reihe; allerlei Gesindel, Matrosen, Arbeiter
und Weiber, stürzten sich mit dem schrecklichen Eufe: Nieder mit den Juden!
in die Jndenstadt; sie wurde ein Raub der Flammen und nicht ein einziger
Jude blieb in Barcelona zurück. Man achtete weder Drohungen noch Bitten,
übeiall überliess man sich dem Morde und dem Raube nach Herzenslust. So
^ ai en mit einem mal die blühendsten Gemeinden Spaniens vernichtet. Die
spanischen Juden, welche ob des Glücks, das so lange Zeit ihnen gelächelt, hoch-
müthig und gottvergessen geworden waren, hatten das Bittere der Verfolgung
gekostet; Hunderttausende von ihnen waren, wenn auch nur zum Scheine, Christen
geworden. Die Glaubensstarken suchten ihre Rettung in der Flucht.
Unter denen, welche die liebgewonnene Heimat verliessen, befand sich
R. Isaak ben Scheschet (Riwasch). Geboren 1310, ein Schüler des R. Nissim
(Ran), der, Arzt und Astronom, einen geschätzten Commentar zu den Halachot
des Alfasi, religiöse Vorträge und Rechtsgutachten geschrieben, bekleidete
er das Rabbinat zu Saragossa und war die bedeutendste rabbinische Autorität
seiner Zeit; selbst aus Italien und Deutschland wurden rabbinische Fragen an
ihn gerichtet. Seine Gutachten und Bescheide sind gesammelt und oft gedruckt.
1391 verliess er Spanien und begab sich nach Afrika, wo er, zum Oberrabbiner
von Tlemcen und Algier ernannt, im hohen Alter (1406) starb. Sein Nachfolger
in Algier war R. Simon ben Zemach Duran (Raschbaz) (geb. 1361), ein eben-
sowol mit dem Talmud als mit Mathematik und Medicin vertrauter Mann. Während
des Gemetzels in Mallorca, seiner Heimat, verlor er sein bedeutendes Vermögen
und war infolge seiner Mittellosigkeit gezwungen, als Rabbiner Gehalt zu beziehen,
was bis dahin in den spanisch-jüdischen Gemeinden nicht üblich war. Bis zu
seinem, im hohen Alter (1444) erfolgten Tode bekleidete er sein Amt und war
schriftstellerisch thätig. Sein Sohn und Nachfolger Salomo Duran (st. 1467)
trat mit Entschiedenheit gegen die Kabbala auf. Sowol von ihm als von seinem
Vater und seinen beiden Söhnen, Zemach und Simon, sind Gutachtensammlungen
vorhanden; die des Vaters ist unter dem Titel „Taschbez“ und die des Sohnes
unter dem Titel „Taschbasch“ bekannt und sehr geschätzt.
A on den traurigsten Folgen für die spanischen Juden waren die vielen
Tausende, welche dem Judenthum treu ergeben, unter der Maske des Katholicis-
mus in Spanien lebten. Von der christlichen Bevölkerung mit Argwohn be-