Full text: Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

46 Zeitalter des krassen Absolutismus (von 1648 — 1740). 
Beamten- Not nicht Vvr dem Mittel der Münzverschlechterung zurück. Im Zu- 
sammenhang mit diesen und anderen Maßnahmen auf dem Gebiet 'des 
Finanzwesens stand die Umgestaltung des Geheimen Rats und die Be- 
gründung eines vom Staatsoberhanpte abhängigen Beamtentums. Erst 
durch diese einheitliche Verwaltung der getrennten Landesteile kam der 
Bevölkerung allmählich ihre Zugehörigkeit zu einem Staate zum Bewußt- 
sein, ähnlich wie das Heer (feit 1655) durch die gleiche Unisormiernng 
— damals erhielt das Fußvolk die Farbe des deutschen Waid, das tiefe 
Blau — als etu zusammengehöriges Ganzes die Staatseinheit in Waffen 
darstellte und die von der Turn und Taxisfchen Reichspost unabhängige 
brandenburgische Post deu Briefverkehr zwischen den verschiedenen 
Landschaften von Cleve bis Memel vermittelte und so gleichsam stetig in 
Erinnerung brachte, daß der Bewohner am Fuße der Schwanenbnrg, wie 
der Markaner und der Märker, der pommersche Fischer und Bauer, uud 
der trutzige Preuße, der die „Friedrichsburg" tu Königsberg als Twing 
scheute, einem Herrn zu gehorchen hatten. Allmählich verband sie alle 
der gemeinsame Wahlspruch: „Allweg guet Zolre" und, was besonders 
Cui.ua wichtig war in einer Zeit, in welcher die Verschiedenheit der Kon- 
'eFus' fessionen noch eine fast uuüberwiudliche Scheidewand der Herzen bildete, 
est religio,^ katholische, lutherische uud reformierte Untertanen nebeneinander. Von den 
religiösen Fesseln seines Zeitalters vermochte sich der Fürst nicht zu be- 
freien; daher duldete er in den ausschließlich protestantischen Landesteilen 
nicht die Feier des katholischen Gottesdienstes; seine Bemühungen, in den 
Erblanden zwischen den beiden evangelischen Konfessionen Frieden zu stiften, 
scheiterten an dem Felsen des Dogmas. Mancher lutherischer Prediger, 
so der fromme Paul Gerhardt, verzichtete lieber auf feine Stelle, als auf 
feilte Überzeugung. Wie erklärlich, bewies sich Friedrich Wilhelm befon- 
ders günstig den eignen Glaubensgenossen. Den Reformierten in erster 
Linie kam die Gründung der Universität Duisburg zugute. Durch das 
Potsdamer Edikt (1685) gewährte er ungeachtet des Zürnens Lnd- 
1685. wigs XIV. den flüchtigen Hugenotten eine Freistätte. 
Gewerbe. Die fremden Ansiedler brachten aus der Heimat manche Fertigkeit 
und neue Gewerbe mit, z. B. die Seideindustrie, und fanden darum bei 
dem Förderer des Jndustrieweseus, das als ergiebige Quelle des Reich- 
tums für den Staat galt, alle mögliche Unterstützung gegenüber dem ein- 
schränkenden Zunftzwange, dessen wohltätige Einrichtungen er gleichwohl 
schätzte und schützte. Seine volkswirtschaftliche Politik beruhte eben auf 
Handel und dem damals fast allgemein gepflegten Merkantilsystem. Um Berlin zum 
Veikehi. des märkischen und nordost-deutschen Handels zu erheben, er- 
öffnete er durch Anlage des Friedrich-Wilhelms-Kanals (zwischen Oder 
und Spree) den Wasserweg zwischen Breslau und Hamburg. Der kühne 
Versuch der Gründung einer afrikanischen Handelsgesellschaft nach 
dem Muster der holländischen und englischen „Kompagnien" und ihrer
	        
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