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A. Deutscher LcbenSspiegel.
du mußt ihn einholen und dir auch drei Wünsche gewähren lassen!" Da
setzte sich der Reiche auf und holte den lieben Gott ein, redete fein und
lieblich zu ihm und sprach, er möchte es nicht übel nehmen, daß er nicht
gleich wäre eingelassen worden; er hätte den Schlüssel zur Hausthür
gesucht, derweil wäre er weggegangen; wenn er des Weges zurückkäme,
müßte er bei ihm einkehren. „Ja," sprach der liebe Gott, „wenn ich
einmal zurückkomme, will ich es thun." Da fragte der Reiche, ob er
nicht auch drei Wünsche thun dürfe wie sein Nachbar. Ja, sagte der liebe
Gott, das dürfte er wohl, es wäre aber nicht gut für ihn; er sollte sich
lieber nichts wünschen. Der Reiche aber meinte, er wollte sich schon etwas
Gutes aussuchen, wenn es nur gewiß erfüllt würde. Sprach der liebe
Gott: „Reit nur heim, und drei Wünsche, die du thust, die sollen
erfüllt werden."
3. Nun hatte der Reiche, was er wollte; er ritt heimwärts und besann
sich, was er sich wünschen solle. Wie er so nachdachte und die Zügel
fallen ließ, fing das Pferd an zu springen, so daß er immerfort in
seinen Gedanken gestört wurde und sie gar nicht zusammenbringen konnte.
Da ward er über das Pferd ärgerlich und sprach in Ungeduld: „So
wollt' ich, daß du den Hals brächst!" Und wie er das Wort ausge¬
sprochen hatte, plumps! fiel er auf die Erde, und das Pferd war tot und
regte sich nicht mehr, und der erste Wunsch war erfüllt. Nun mußte er
zu Fuß nach Hause gehen. Weil er aber geizig war, wollte er das
Sattelzeug nicht im Stich lassen, schnitt es ab uitb hing es auf den Rücken.
Doch tröstete er sich damit, daß ihm noch zwei Wünsche übrig wären. Wie
er nun dahin ging durch den Sand, und als zu Mittag die Sonne heiß
brannte, ward's ihm so warm und verdrießlich zu Mitte; der Sattel
drückte ihn dabei auf den Rücken, auch war ihm noch immer nicht ein¬
gefallen, was er sich wünschen sollte. Wenn ich mir auch alle Reiche und
Schätze der Welt wünsche, dachte er bei sich selbst, so habe ich hernach
doch noch allerlei Wünsche, dieses und jenes, das weiß ich im voraus;
ich will aber meinen Wunsch so einrichten, daß mir gar nichts mehr übrig
bleibt, wonach ich noch Verlangen hätte. Meinte er, diesmal hätte er
etwas, so schien es ihm hernach doch viel zu wenig und zu gering. Da
kam ihm so in die Gedanken, wie es doch seine Frau jetzt gut habe; sie
sitze daheim in einer kühlen Stube und lasse sich's wohl schmecken. Das
ärgerte ihn ordentlich, und ohne daß er es wußte, sprach er so hin:
„Ich wollte, die säße daheim auf dem Sattel und könnte nicht herunter,
statt daß ich ihn da mit mir auf dem Rücken schleppe!" Und wie das
letzte Wort aus seinem Munde kam, so war der Sattel von seinem
Rücken verschwunden, und er merkte, daß sein zweiter Wunsch auch in