Full text: Lehrbuch der allgemeinen Weltgeschichte

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mäßig verehrt. Den Mittelpunkt bildete der Sonnengott R a als Spender 
des Lebens, der unter dem Namen Osiris allmählich in ganz Ägypten 
als Nationalgott anerkannt wurde. Als Gemahlin steht ihm zur Seite die 
Mondgöttin Isis; ihr Sohn ist Horns, der den Typhon erschlug. 
Osiris war von seinem Bruder Typhon (Glutwind) erschlagen worden; 
nachdem letzteren aber Horns getötet hatte, kehrte er ins Leben zurück. So stirbt 
er beständig, um wieder aufzuleben. Isis, die eine Zeitlang für den Gemahl 
das Herrscheramt übte, schied auch von der Erde und wurde zu Memphis bestattet. 
Beide herrschen zugleich im Reiche der Toten fort. Der Kultus der Isis fand später 
im Römischen Reiche weite Verbreitung. In Ägypten war ihr berühmtester Tempel 
zu Sais, in welchem ihr „verschleiertes Bild" stand mit der Inschrift: „Ich bin 
die Vergangenheit, die Gegenwart und Zukunft, meinen Schleier hat noch kein 
Sterblicher gelüftet." 
Später gelangte der Lokalgott von Theben, Ammon, zu vorwiegender 
Geltung, von den Griechen Zeus Ammon, von den Römern Jupiter Ammon 
genannt, dessen Kultus in Theben seinen Glanzpunkt erreichte. Man bildete 
ihn mit Widderhörnern zu beiden Seiten des Kopfes ab. In einer Oase 
der libyschen Wüste, 12 Meilen westlich von Memphis, befand sich einer seiner 
prachtvollsten Tempel, welcher durch das daselbst gegründete Orakel einen 
Weltruf hatte. 
2. Weitverbreitet war im alten Ägypten die Tierverehrung (Krokodil, 
Katze, Habicht, Ichneumon). Ein besonders heiliges Geschöpf war der Stier 
Apis, welcher göttliche Ehre genoß. Er hatte in Memphis seine tempelartigen 
Gemächer, mußte schwarz von Farbe sein und einen weißen Fleck auf der Stirne 
als Kennzeichen haben. — Mit den religiösen Vorstellungen hing auch die Sitte 
der Leicheneinbalsamierung zusammen. Man verwandte viel Zeit, 
Mühe und Geld auf die Herstellung der „Mumien", die in Tücher gehüllt, 
in Holz- oder Steinsärgen verwahrt und in den Grabkammern (Katakomben) 
aufgestellt wurden. Die Ehre der Bestattung war nur nach feierlich voll- 
zogenem Totengericht, welches einer Körperschaft von 40 Priestern übertragen 
war, gestattet. Jedermann konnte den Verstorbenen anklagen, dem, falls er 
eines schlechten Lebens überwiesen war, die Bestattung verweigert wurde. 
Erschien kein Ankläger, so wurden Lobreden gehalten. Über einen verstor- 
benen König saß das ganze Volk zu Gericht. Dies war aber nur ein Vor- 
spiel des jenseitigen Totengerichts, von welchem es abhängen sollte, ob die 
Seele zu den Göttern eingeführt, oder in ein Tier zurückkehren müsse. 
3. Das ägyptische Volk war in Masten eingeteilt, d. h. in einzelne, nach 
dem Beruse streng von einander geschiedene Volksklassen. Die Priester- 
käste, welche i/3 aller Ländereien besaß, war die bevorzugte; neben ihr 
bildete die Krieg er käste den Adel des Reichs. Ihr stand der König vor, 
der zugleich in die Priesterkaste aufgenommen wurde. Der dritte Stand, 
der Nährstand, umfaßte die Kasten der Künstler und Handwerker, der Kauf-
	        
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