Full text: Die deutschen Freiheitskriege von 1813, 1814 und 1815

König Friedrich Wilhelm IV. 
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ls der alte Heerführer Josua zum letztenmal das Volk um sich versammelt 
Ä- hatte, ermahnte er es zu strenger Gottesfurcht und schloß mit den Worten: 
„Gefällt es euch nicht, daß ihr dem Herrn dienet, so erwählet euch heute, welchem 
ihr dienen wollet. Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen." 
Dies schöne Bekenntnis machte der König Friedrich Wilhelm IV. zu seinem Wahl¬ 
spruch und bezeugte damit von der Höhe seines Thrones herab vor seinem Volke 
und allen Völkern der Erde seine aufrichtige und ernste Frömmigkeit. 
In dem Bilde Friedrich Wilhelms IV. schauen wir ein Antlitz voller Leben 
und Geist. Reinheit, Hoheit und Liebe zum Wahren, Guten und Schönen waren 
die Grundzüge im Wesen dieses Königs. Ein schalkhafter Zug um den Mund 
verrät uns seine Empfänglichkeit für geistreichen Scherz und Witz. Trotz seines 
reichen Wissens und seiner hohen Bildung zeigte der König allzeit eine wahrhaft 
beschämende Bescheidenheit und ein Herz voll Milde und Wohlwollen gegen alle 
Menschen. 
Jugend. Friedrich Wilhelm IV. wurde zwei Jahre früher als sein Bruder 
Wilhelm zu Berlin geboren. Die ersten zehn Jahre seiner Kindheit flössen un¬ 
getrübt unter der Pflege feiner geliebten Mutter, der unvergeßlichen Königin Luise, 
dahin. Aus den Tagen des Unglücks, die alsdann über Preußen hereinbrachen, 
stammt ein Brief der Königin, in dem sie folgendes über ihren ältesten Sohn 
schreibt: „Der Kronprinz hat vorzügliche Anlagen, die glücklich entwickelt und ge¬ 
bildet werden. Er ist wahr in allen seinen Empfindungen und Worten, und seine 
Lebhaftigkeit macht Verstellung unmöglich. Er lernt mit vorzüglichem Erfolg 
Geschichte, und das Große und Gute zieht seinen hohen Sinn an sich. Für das 
Witzige hat er viel Empfänglichkeit, und seine komischen, überraschenden Einfälle 
unterhalten uns sehr angenehm. Er hängt vorzüglich an der Mutter, und er 
kann nicht reiner sein als er ist." Groß war der Schmerz des 15jährigen Kron¬ 
prinzen, als er mit dem Vater und seinem Bruder Wilhelm am Sterbelager der 
treuen Mutter stand. — Frohere Zeiten kamen erst wieder in den erhebenden
	        
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