4. Die ersten Kriegsvorfälle. 11
Seine Haufen wurden niedergemacht ober gefangen und zwölf Kanonen
erbeutet. Mit dieser Waffmthat eröffnete der General Dörnberg den
zweiten Feldzug.
Um dieselbe Zeit versuchte der Vizekönig Eugen mit seinen 30 000
Mann von Magdeburg aus schnell gegen Berlin hervorzubrechen; er ver-
ließ sich darauf, nur schwächere Haufen aus seinem Wege zu finden. Aber
ohne Zaudern rafften die Generale Wittgenstein, Bülow und Jork die
nächsten Scharen zusammen und warfen sich, wenn auch schwächer an Zahl,
am 5. April bei Möckern mit solchem Ungestüm auf ihn, daß er als-
bald den Gedanken, nach Berlin zu gehen, aufgab und mit beträchtlichem
Verluste nach Magdeburg umkehrte. Bei diesem Treffen hatte das neue
preußische Fußvolk die erste Waffenprobe mit dem französischen gehalten
und ohne viel Schießens mit dem Kolben wacker drein geschlagen. Das
deuchte ihnen männlicher und sie glaubten, es führe schneller zum guten
Ende. Eugen aber hielt sich von nun an ruhig hinter den Wällen der
Festung, bis sein Herr und Meister im Felbe erschien.
Als ein großer Teil bei* neuen französischen Heereshaufen biesseits
des Rheins versammelt war, reiste Napoleon von Paris ab und traf am
25. April Abends in Erfurt ein. Von da wendete er sich gegen die
Saale, und die vorgeschobenen Reiterhausen der Verbündeten zogen sich
hinter diesen Fluß zurück. Die Heere kamen einander näher und es eut-
stand nun bie Spannung ber Gemüter, welche bem entscheidenden Kampfe
vorhergeht, wo dem Krieger vieles als erlaubt erscheint, was die friedliche
Ordnung des Lebens zerstört. Da zeigte sich ben Bewohnern Sachsens
balb der Unterschied zwischen dem Geiste, der das verbündete, und dem,
der das französische Heer beseelte. Ernst und fest, in ruhiger Zuversicht
des Gemütes, erschienen ihnen die Preußen und flößten allenthalben ein
tiefes Gefühl der Achbmg ein; den Russen sah man die kalte Entschlossen-
heit an, mit welcher sie ihren Platz unerschütterlich behaupten bis in den
Tod. Alle forderten nichts Ungebührliches, und weder beim Vorrücken,
noch selbst beim Rückzüge wurde das Eigentum verletzt, obwohl Sachsen
nicht als befreundetes Land gelten konnte. Selbst die verschrieenen Kosaken
waren leicht zufrieden, wenn sie das Nötige erhielten, und milderten auch
dadurch den Schrecken ihres Namens, daß sie sich allenthalben als große
Freunde der Kinder bewiesen, in deren Nähe ihre rauhe Natur selbst
kindlich mild zu werden schien. Wie entartet zeigte sich dagegen gleich
beim Eintritt in das ihnen verbündete sächsische Laub bas neue französische
Heer. In bem älteren war noch eine äußere Zucht gewesen, welche vielen
Ausbrüchen ber Rohheit in ben Gemeinen einen Zügel anlegte, wenn auch
die Anführer im großen viele Ungerechtigkeiten verübten. Jetzt aber, viel-
leicht um ben jungen Soldaten Lust am Kriege einzuflößen, sahen die
Befehlenden gleichgültig auf ihre Ausschweifungen hin. Das Dorf, in
dessen Nähe sie ihr Nachtlager hielten, wenn auch der Kaiser selbst seine
Wohnung darin hatte, war am anderen Morgen anzusehen, als von einer
Räuberbande verheert. Da waren die Thüren und Fenster ausgebrochen,
die Schränke und Kisten zerschlagen und ausgeleert, die besten Geräte zu
den Feuern geschleppt und verbrannt. Und von vielem Glücke hatte ein