Full text: Die deutschen Freiheitskriege von 1813, 1814 und 1815

26. Die Schlacht bei Ligny u. s. w. 85 
Dörfer St. Amand, Ligny und Sombref in seiner Schlachtreihe, so 
daß das erste den rechten, das letzte den linken Flügel und Ligny die 
Mitte stützte. Napoleon hatte die Absicht, mit aller Gewalt ans dem 
rechten preußischen Flügel durchzubrechen und ihn von den Engländern 
ganz abzuschneiden, daher griff er zuerst, um 3 Uhr Nachmittags, das 
Dorf St. Amand an. Ziethen stand hier mit dem ersten Heerhaufen, 
der schon Tags zuvor in hartem Streite gewesen war; dennoch hielt er 
sich sehr tapfer gegen die heftigsten französischen Stürme, bis die Feinde 
einen Seitenweg durch ein Gehöft gefunden hatten und nun noch ein- 
mal von allen Seiten mit Übermacht hereindrangen. Da mußten die 
wackeren Kämpfer, unter denen viele aus den neuen preußischen Ländern 
am Rheine waren, den Teil des Dorfes, der Groß-St. Amand heißt, ver- 
lassen und sich hinter dem Ligny-Bache aufstellen. Auch ein Teil von 
Klein-St. Amand ging durch einen zweiten Angriff des Feindes verloren. 
Nun hatte es Napoleon aus den Mittelpunkt abgesehen und ließ 
das Dorf Ligny mit der ungestümsten Heftigkeit angreisen. Es entstand 
ein Kampf, der, wie der preußische Schlachtbericht selber sagt, zu den 
hartnäckigsten gehört, die je gefochten sind. Ligny ist groß, aus Steinen 
gebauet und erstreckt sich längs des Baches. Da wurde nun um jedes 
Haus und jeden Garten und jede Gasse mit beispielloser Erbitterung ge- 
stritten. Sonst werden Dörfer genommen und wieder verloren; hier aber 
dauerte das Gefecht fünf Stunden lang im Dorfe selbst, bald vor-, bald 
rückwärts wogend; und unaufhörlich rückten von beiden Seiten neue Haufen 
in den Kampf. Dazu schmetterten wohl 200 Geschütze von beiden kämpfenden 
Teilen, von den Höhen dies- und jenseits, unaufhörlich ihre Kugeln in 
das Dorf, daß es bald an mehreren Stellen in Flammen stand und 
die Ziegel und Balken und Steine in den Graus da unten krachend 
zusammenstürzten. 
Während die Schlacht hier so entsetzlich wütete und Napoleon seinen 
linken Flügel, um Ligny desto eifriger zu bestürmen, geschwächt hatte, be- 
nutzte Feldmarschall Blücher den Augenblick und führte selbst einen neuen 
Angriff gegen das früher verlorene Dorf St. Amand aus. Ein Teil des 
Dorfes wurde glücklich erstürmt, und nun hätte die von Wellington er- 
wartete Hülfe oder die Bülowsche Heerschar zur Stelle sein müssen, dann 
hätte der Feldmarschall einen seiner Sturmangriffe gegen den ganzen 
linken Flügel des Feindes gerichtet, und der würde die Schlacht eut- 
schieden haben. Allein die englische Abteilung, die hier erscheinen sollte, 
war selbst bei Qnatrebras so heftig von Ney angefallen, daß sie sich 
dort kaum halten konnte, und Bülow war durch mancherlei Hindernisse 
auf seinem Zuge um etwas verspätet worden; und so mußte der Feld- 
Herr mit den Seinigen in der eigenen tapferen Brust die Hülfe suchen, 
die von außen nicht kam. 
Schon war die Dämmerung eingebrochen und bei Ligny dauerte 
die Schlacht noch immer gleich mörderisch und unentschieden fort. Alle 
Abteilungen waren im Gefecht oder hatten gefochten, und frische Haufen 
waren nicht mehr zur Hand. Plötzlich griff eine starke Schar Fußvolk, 
die unter dem Schutze der Dämmerung auf der einen Seite das Dorf
	        
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