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es ihm von Sicilien aus, wo er sein Lager aufgeschlagen hatte, die Stadt
Loeri zurückzuerobern, während sein Kollege Hannibal beschäftigte. Bei dieser
Gelegenheit wäre bald sein ganzer Plan zu nichte geworden. Denn die
Truppen, welche er in die Stadt gelegt hatte, verfielen in eine solche Zucht¬
losigkeit, daß sie sich den wehrlosen Einwohnern gegenüber die größten Schand¬
thaten erlaubten. Sein Unterfeldherr selbst schützte die Räuber und ließ zwei
Militärtribunen, die gegen das Treiben der Soldaten auftraten, zu Tode
martern. Ter Senat mußte einschreiten; der Unterfeldherr büßte feine Nieder¬
trächtigkeit mit dem Hungertode im Kerker, die schlimmsten Frevler wurden in
ähnlicher Weise bestraft, uud nur mit Mühe entging Scipio selbst durch Ver¬
mittlung seiner Freunde einer Anklage. Als endlich alles zur Abfahrt bereit
war, trat ein neuer Zwischenfall ein. Mago, Hannibals Bruder, landete mit
14 000 Mann bei Genua und durchzog Gallien in derselben Weise, wie es
vordem Hasdrubal gethan hatte. Aber Scipio ließ sich nicht halten. Im
Hafen von Lilybänm schiffte er sein Heer ein und trat die Reise an. Als alle
Schiffe zur Abfahrt bereit waren, sprach der Feldherr ein feierliches Gebet,
warf die Eingeweide eines Opfertieres ins Meer und gab dann das Zeichen
zum Aufbruch. Eine ungeheure Menschenmenge schaute vom Ufer aus der
Flotte nach, die über Karthagos Schicksal entscheiden sollte. Ohne ausgehalten
zu werden, gelangte Scipio nach Afrika und landete bei Utika. Er hatte
vieles Belagerungsgerät mitgebracht nnd ließ noch mehr nachkommen, denn er
wollte zunächst einen festen Platz und einen sicheren Hafen gewinnen. Utika
sollte es sein. Aber die afrikanischen Küstenstädte hielten treu zn Karthago,
die Uticenfer unterwühlten bie Dämme, welche die Römer in den Gräben auf¬
geworfen hatten, und verbrannten die Mauerbrecher. Bessere Aussichten er¬
öffneten sich Scipio von einer anderen Seite her. Ein vertriebener Numidier¬
fürst, Mafiniffa, kam zu ihm mit einem kleinen Gefolge und bot ihm seinen
Rat an. Sein Gegner, ein anderer numidischer Fürst, hatte sich mit den
Karthagern verbunden, beide Heere weilten in der Nähe. Masinissa riet, die
Lager in Brand zu stecken, denn er wußte, daß die Hütten aus trockenem
Holze, Schilf und Laub bestanden. Scipio machte einen nächtlichen Angriff
erst aus das numidische, dann auf das karthagische Lager, und es gelang ihm,
beide in Brand zu stecken. Bei der Verwirrung, die nun entstand, war es
ihm ein Leichtes, ein furchtbares Blutbad unter den Feinden anzurichten; viele
Taufende kamen um, eine große Menge wurde gefangen genommen. Zwar
fand sich das geschlagene Heer bald wieder zusammen und trat ihm noch ein¬
mal entgegen, aber auch diesmal errang er einen glänzenden Sieg. Dann
schickte er einen Teil seiner Legionen unter Lälius' Befehl mit Masinissa nach
Numidien. Die Eroberung dieses Landes machte keine Schwierigkeit, und so
besaß er nun in Masinissa einen mächtigen Verbündeten gegen die Karthager.
Diese versuchten noch, die römische Transportflotte vor Utika zu überfallen,
aber die Wachsamkeit Scipios bewirkte, daß der Erfolg ein sehr geringer war.
Nur einige Schiffe konnten genommen werden, die übrigen waren fest mit¬
einander verknüpft und wurden durch die vom Lande herangezogenen Truppen
verteidigt. In Karthago begann man nun doch an den Ernst der Sage zu
glauben; die Friedenspartei erhielt die Oberhand und sing mit Scipio zu
unterhandeln an. Es scheint, daß der römische Feldherr nicht abgeneigt war,
Bedingungen zu stellen. Die Karthager sollten aus Spanien, sowie auf alle