Das römische Reich.
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lateinischen, im Osten von der griechischen Sprache getragen, die Grenzen
der Nationalitäten verwischte, die Völker einander innerlich näherte und
unter anderem das Emporkommen einer W e l t r e l i g i o n , des Christen-
tums, erleichterte.
Allmählich aber hatten innere und äußere Gründe einen fortschreiten-
den Verfall des römischen Weltreichs herbeigeführt; zunächst in p o l i -
tischer Beziehung. Die von Augustus begründete Doppelherrschaft Kaiserliche
des Kaisers und des Senats war mehr und mehr zerstört und durch die reglerung.
Ausbildung der kaiserlichen Selbstherrschaft ersetzt worden.
Aber noch entbehrte die Verwaltung, obwohl bereits die Kaiser des zweiten
Jahrhunderts teilweise darauf hinstrebten, der Zentralisation und der
Stütze eines geordneten, unbedingt abhängigen Beamtentums; dazu fehlte
eine gesicherte Erbfolgeordnung. Die Stütze der Kaiser waren die 2 e - Ser^aft
gionen, auf deren Treue aber man nicht zählen durfte, und deren Legionen.
Kämpfe um die Macht zu fortwährenden Revolutionen und Bürgerkriegen
führten; zudem ergänzten sie sich nicht mehr aus Bewohnern der kultivierten
Landschaften, welche bei der Abnahme der Bevölkerung und der steigenden
Abneigung gegen den Heeresdienst längst nicht mehr den nötigen Ersatz
lieferten, sondern aus den halbbarbarischen Grenzprovinzen und bestanden
schließlich zum größten Teil aus Fremden, vornehmlich aus Germanen.
Indessen war die Verschmelzung der in dem Weltreich ver- Absterben
bundenen Völker immer weitergegangen. Von einem Vorrecht Italiens
war nicht mehr die Rede, seit Caracalla an alle Untertanen das Bürger-
recht erteilt hatte. Mit dem Absterben der Nationalitäten war eine E r -
tötung des nationalen und politischen Sinnes, desbt|n®Sf"5
Patriotismus verbunden; die Weltmonarchie forderte nicht mehr selbsttätige
Hingabe an den Staat, sondern den Gehorsam des Untertanen. Diese
Entwicklung wurde dadurch befördert, daß die städtische Selbstverwaltung, vernXng.
auf der bisher das politische Leben des griechisch-römischen Altertums beruht
hatte, mehr und mehr vernichtet und durch die Verwaltung kaiserlicher
Beamten ersetzt wurde.
§ 161. Wirtschaftliche Zustände. Dem politischen Verfall ging der
wirts chaftliche Verfall zur Seite. Die Entwicklung hatte dahin
geführt, daß einer verhältnismäßig kleinen Anzahl sehr reicher Leute, die
in kaum erdenklichem Luxus lebten, eine immer größer werdende Menge
von Armen und Besitzlosen gegenüberstand. Da nun die Reichen ihre
Kapitalien vornehmlich dadurch nutzbar zu machen suchten, daß sie Grund fiaUs
und Boden erwarben, so kam es zu einer Entwicklung des Groß- Indien.