Diokletian und Konstantin.
209
feit ab und zog sich in den gewaltigen Palast von Salona (heute Spalato)
in Dalmatien zurück. Seine Hoffnung, daß die von ihm geschaffene Nach-
folgeordnung Bestand haben würde, erfüllte sich nicht: als Konstantius, der
jetzt als Augustus den Westen beherrschte, im Jahre 306 in seiner Resi¬
denzstadt Jork starb, wurde von den Truppen sein Sohn Konstantinus e^»n»
zum Kaiser erhoben. In der Schlacht an der milvischen Brücke
oberhalb Roms, die er durch sein persönliches Eingreifen an der Spitze
seiner Reiterei entschied, besiegte er im Jahre 312 seinen Gegner Maxen-
tius und wurde Herr von Italien; seit dem Jahre 323 beherrschte er
das ganze Reich.
§ 164, Konstantin der Große und das Christentum. Die Legende 3233376^
erzählt, Konstantin habe bereits vor der Schlacht an der milvischen Brücke
N auf Grund einer Vision das Monogramm Christi an den Schilden seiner Annahme
Soldaten und den Heeresfahnen anbringen lassen. Nach dem Siege erließ
er Verordnungen, in denen er das Christentum den übrigen Religionen
gleichstellte; später aber ging er weiter, zerstörte viele Tempel und ließ die
Bildsäulen von Göttern einschmelzen, gestand der Geistlichkeit wesentliche
Vorrechte zu und übernahm den Vorsitz in dem ersten ökumenischen Konzil
zu N i c ä a, auf dem die Lehre des Arius von der Wesensähnlichkeit
Christi mit Gott Vater (buoioi oia) verworfen und die des Athanasius von 325.
ihrer Wesensgleichheit (öpoovala) als richtig anerkannt wurde. Auf dem
Totenbette ließ er sich taufen.
Seitdem ward das Christentum zur Staatsreligion. Die Versuche Jmtan.
des Kaisers I u l i a n u s (Apostata), des „Romantikers auf dem Throne
der Cäsaren", dem Heidentiun neues Leben einzuflößen und ihm seine alten
Vorrechte wiederzugeben, blieben ohne Erfolg; nach kurzer Regierung fand
er 363 den Tod auf einem Feldzug gegen die Perser. Seine letzten Worte
sollen gewesen fein: Fahlalel
Als Reichskirche trat das Christentum in engste Beziehung zu Reichsktrche.
dem universalen Staat, mit dem es den universalen, über die Nationen
hinausreichenden Grundgedanken gemein hatte. Es konnte nicht aus-
bleiben, daß diese Umwandlung eine gewisse Veräußerlichung, das Hervor-
treten weltlicher Interessen, persönlicher Ränke, erbitterter Parteistreitig-
feiten zur Folge hatte. Andrerseits konnte jetzt das Christentum in hohem
Maße das öffentliche Leben beeinflussen, das durch die große Ausdehnung
der christlichen Liebestätigkeit und des christlichen Almosenwesens, durch die
Schöpfung der verschiedenartigsten Wohltätigkeitsanstalten einen ganz
neuen Charakter annahm.
Neubauer-Rö siger. Lehrb.d. Gesch. III. Teil. B. AuSg. f. Gymnasien. 14