Full text: Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbesondere der preußisch-deutschen Geschichte seit 1648 (Teil 6)

166 Die Zeit vom 2. Pariser Frieden bis zum Regierungsantritt Wilhelms I. § 101.102. 
Verona) traf, ohne auf preußische Hilfe zu warten, wurde gegen Ende 
S3ttrhf)3U Jahres durch den Frieden von Zürich bestätigt. Österreich mußte 
ln die Lombardei (ohne Mantna und Peschiera) an Napoleon abtreten, 
der sie an Sardinien weitergab und dafür als Entschädigung für die 
geleistete Hilfe Nizza und Savoyen erhielt. 
Einigung Napoleons Versprechen, Italien frei bis zur Adria zu machen, war 
Italiens. vollständig erfüllt worden. Andrerseits ging die nationale 
Bewegung über die Beschlüsse der Mächte weit hinaus. Die in Villa- 
sranca getroffene Vereinbarung, daß die beim Ausbruch der Feindselig- 
fetten von der Bevölkerung vertriebenen Fürsten Mittelitaliens wieder 
eingesetzt werden sollten, konnte nicht ausgeführt werden, vielmehr wurden 
1860 Toskana, Parma, Modena und der nördliche Teil des Kirchen¬ 
staates mit Bologna durch Volksbeschluß mit Sardinien vereinigt. Giu¬ 
seppe Garibaldi eroberte an der Spitze von Freischaren Sizilien und 
setzte nach dem Festlande über. Unterdessen rückten die Truppen Viktor 
Emanuels in Umbrien und den Marken ein, und beide vereinigten sich im 
Königreich Neapel vor Gaeta, wohin sich der letzte bonrbonische König 
zurückgezogen hatte. Nachdem sich die Festnng ergeben hatte, war Italien 
bis auf Veuezieu und Rom geeinigt (1861). Viktor Emauuel nahm den 
Titel eines Königs von Italien (mit der Hanptstadt Florenz) an; 
ein Versuch Garibaldis, Rom zu erobern, mißlang. 
Der Krieg Österreichs gegen Frankreich und Sardinien hatte die Mängel 
des österreichischen Heerwesens, die begonnene Mobilmachung in Preußen auch 
die der preußischen Wehrverfassung enthüllt. Ihre Reform erwies sich daher 
als ein dringendes Bedürfnis. Daß Österreich lieber die Lombardei opferte, 
als Preußen auch nur einen Teil der Heeresleitung zuzugestehen, wirkte selbst 
auf die Kreise verstimmend ein, welche noch immer an der überlieferten Freund- 
schaft mit Österreich festhalten zu können glaubten. 
Literatur § 102, Das geistige Leben in Deutschland um die Mitte des 
und Musik, Jahrhunderts. Nach Goethes Tode (1832) erlebte die deutsche Literatur 
noch eine Nachblüte, deren bedeutendste Vertreter — abgesehen von den § 87 
genannten Romantikern — die dramatischen Dichter Grillparzer und Hebbel 
und die Lyriker Lenan, Mörike, Freiligrath und Geibel gewesen sind. In 
der Tonkunst bereitete R. Wagner gegenüber den auf den Klassikern süßenden 
Komponisten Mendelssohn-Bartholdy und Schumann einen gewaltigen 
Wissenschaft.Umschwung vor („Zukunftsmusik"). — Die von Niebuhr begründete neuere 
Geschichtschreibung hatte in Ranke, die Germanistik in den Brüdern Grimm, 
die klassische Philologie in Gottfried Hermann und Böckh hervorragende 
Vertreter. Franz Bopp begründete die vergleichende Sprachwissenschaft, 
während Herbart und Schopenhauer neue philosophische Probleme ent- 
wickelten. Um die Erforschuug von Natur und Welt machten sich die Che- 
miker Liebig und Bnnsen, die Physiker Helmholtz und Kirchhofs, der 
Mathematiker Gauß und der Astronom Wessel verdient und erlangten, 
ähnlich wie der englische Physiker Faraday und sein Landsmann, der 
Naturforscher Darwin, sowie der französische Astronom Leverrier, eine 
über die Grenzen ihres Spezialfaches hinausgehende Bedeutung.
	        
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