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Der Deutsch-französische Krieg.
§112.
Picardie und bei Rouen, bedeutende Truppenmassen aufzustellen; es wurde
beschlossen, zunächst Orleans wiederzunehmen. Die Bayern entzogen
sich durch einen Nachtmarsch der drohenden Einschließung und boten (am
9. November) bei Conlmiers (nordwestlich von Orleans) einer dreifach
überlegenen Übermacht des Feindes die Spitze; erst in der Nacht räumten
sie ihre Stellung, ohne vom Feinde weiter angefochten zu werden. Hier-
auf wurde aus den Truppen des Generals von der Tann und der 17.
Division eine neue Armeeabteilung unter dem Großherzoge von Mecklen-
burg-Schwerin gebildet; sie operierte südwestlich von Paris und wurde am
Ende des Monats an die Armee des Prinzen Friedrich Karl herangezogen.
Sobald diese vor Orleans eingetroffen war, fiel die Entscheidung. Am
28. November wies das 10. Korps einen Angriff überlegener feindlicher
Kräfte in der Schlacht von Beanne-la-Rolande (nordöstlich von Or¬
leans) zurück. Am 2. Dezember siegte der Großherzog in der blutigen
Schlacht bei Loigny—Ponpry (nördlich von Orleans) über Chanzy,
an den beiden folgenden Tagen eroberte Friedrich Karl Orleans und
warf die hier versammelten Streitkräfte nach drei verschiedenen Richtungen
auseinander. Inzwischen hatte Chanzy, der tüchtigste von allen fran-
zösischen Führern, den innern Halt seiner Truppen wiederhergestellt und
zog der westlich von Orleans heranrückenden Armeeabteilung entgegen.
Erst nachdem er in der Mitte des Monats in mehrtägigen Gefechten bis
Le Mans zurückgedrängt war, trat hier infolge der allgemeinen Erschöpfung
eine Pause in den Operationen ein.
srX^Oft. Unterdessen hatte Mauteuffel über die französische Nordarmee
frankreich. ctm 27. November bei Amiens gesiegt und war sodann gegen das Heer
gezogen, das sich bei Roueu gesammelt hatte und die Einschließungsarmee
von Paris bedrohte. Da aber in seinem Rücken General Faid herbe ein
neues Heer aufstellte, wandte er sich gegen diesen und warf ihn an der
Hallue (einem rechten Nebenflüsse der Somme) zurück. General Werder,
der Ende Oktober bereits Dijon eingenommen hatte, mußte Ansang
Dezember nach Vesonl zurückweichen, um die inzwischen eingeleitete Be-
lagerung von B elf ort gegen Angriffe der Truppen zu decken, die sich
am Donbs und an der Saöne sammelten.
mmpfe Am 2. Dezember war ein von Dncrot geleiteter gewaltiger Ausfall
um Paris. ^ Parier Besatzung, der die Verbindung mit der Loirearmee herstellen
sollte, von den Sachsen, Württembergern und Pommern in der Schlacht
bei Villiers-Ehampigny, einer der blutigsten des ganzen Krieges,
zurückgeschlagen worden. Denselben Mißerfolg hatte ein Durchbruchs-
versuch, der am 21. Dezember nach Norden, gegen Le Bonrget, unter¬
nommen wurde. Endlich konnten, nachdem die Belagerung der Haupt-
stadt bereits ein Vierteljahr gedauert hatte, auf der Süd-, Ost- und
Nordfront die Belagerungsgeschütze in Stellung gebracht werden; die
Beschießung des Mont Avron (im Osten der Stadt, am 27. und 28.
Dezember) nötigte die Franzosen zu seiner Räumung.