Full text: Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) (Teil 3)

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gemachten Forderungen bewilligte, sich den Beschlüssen des 
Congresses unterwerfen und sogar selbst an die Spitze der Be- 
wegung stellen wollte. Allein zu spät: die Dynastie Dramen 
war unmöglich geworden. Da außerdem der König die Zu- 
geständnisse seines Sohnes mißbilligte, so traute man auch 
dem Prinzen nicht mehr. Dieser begab sich darauf nach Lon- 
don, wo eben die Minister der Großmächte zu einer Conferenz 
zusammentraten. 
Ein belgisches Truppencorps unter den Generalen Mellinet 
und Nillon verfolgte die Holländer bis vor Antwerpen und 
setzte (26. Oct.) den Kampf in den Straßen der Stadt fort. 
Die Garnison zog sich in die Citadelle zurück, und als die 
Belgier sich zum Angriff rüsteten, ließ der holländische Gou- 
verneur General Chassö die Stadt mehrere Stunden lang aus 
siebenhundert Kanonen beschießen. Ueber zweihundert Häuser 
wurden zerstört und für viele Millionen Maaren verbrannt, 
unter denen sich auch viel fremdländisches Eigenthum befand. 
Nach dem Falle von Venloo waren nur noch Mastricht, Luxem- 
bürg und die Citadelle von Antwerpen in der Gewalt der 
Holländer. 
Der am 10. November eröffnete National-Congreß sprach 
am 18. November die Unabhängigkeit Belgiens, vorbehaltlich 
des Verhältnisses Luxemburgs zum deutschen Bunde, und die 
Ausschließung des Hauses Dramen aus. Was die Verfassung 
des neuen Staates anbetraf, so fehlte es zwar nicht an einer 
republikanischen Partei, aber die constitutionelle Monarchie 
hatte doch eine so feste Grundlage in der Bevölkerung, daß 
sich im Congreß 174 Mitglieder gegen 13 dafür erklärten. 
Wie dieses Uebergewicht des constitutionellen Princips dem 
jungen Staate nach außen Vortheilhaft war, so wurde dieser 
auch durch die damalige politische Lage Europas begünstigt: 
Rußland hatte mit der Bezwingung der polnischen Revolution 
vollauf zu thun, Destreich mußte Italien überwachen, und von 
den Westmächten, England und Frankreich, war keine Jnter- 
vention zu erwarten. 
Die neue Verfassung beruhte auf demokratischer Grund- 
läge mit monarchischer Spitze. Die den Provinzen und Com- 
mimen von Alters her zustehenden Rechte waren sorgsam ge- 
wahrt, Kirche und Staat durchaus von einander unabhängig;
	        
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