Full text: Die Neubildung der europäischen Kulturwelt durch Christentum und Germanentum (Hauptteil 2)

Die Kunst. 97 
Punkt aus zwei Schriften unbekannter Verfasser, von denen der eine die „Taten" 
Heinrichs IV., der andere dessen „Leben" schilderte. Für die Kenntnis der nor- 
bischen Völker bildet die „Hamburger Kirchengeschichte" des Geistlichen A d a m um 
von Bremen eine unersetzliche Fundgrube. 
3. Die Baukunst verriet schon frühzeitig eine gewisse Selbständigkeit. Wohl 
ahmte der sog. Romanische Stil, tote er sich seit dem 10. Jahrh. nördlich der Alpen 
in Frankreich und Deutschland ausbildete, noch die römischen Muster nach, zeigte 
aber eine eigenartige Weiterentwicklung zu harmonischer Gesamtwirkung bei 
großer Mannigfaltigkeit der Einzelausfühnmg. 
Die altgewohnte Grundform der Basilika wird im allgemeinen beibehalten. 
Doch fügt man an das meist dreiteilige Langschiff (Langhaus) auf der 
östlichen Schmalseite desselben ein Q u e r s ch i f f an, jenseits dessen sich das 
Mittelschiff des Langhauses oder auch das ganze Langhaus im erhöhten Chor 
(Altarraum) mit der halbkreisförmigen Apsis fortsetzt. Der dem Langschiff 
und dem Querschiff gemeinsame Raum heißt Vierung. Unter dem Chor 
liegt gewöhnlich eine sog. Krypta (Gruftkirche). Der Turm tritt mit dem 
Hauptbau in organische Verbindung; manche Kirchen erhalten auch zwei oder 
mehrere Türme; selbst über der Vierung erhebt sich gewöhnlich ein turmähnlicher 
Ausbau. Im Innern weicht die anfangs noch beibehaltene flache Holzdecke aus 
Rückficht auf die Fenersicherheit der steinernen Gewölbedecke und zwar 
zunächst dem Tonnengewölbe, dieses wieder dem Kreuzgewölbe. Die Gewölbe- 
felder (Joche) stützen sich auf starke, gedrungene Pfeiler, die in der früh» 
romanischen Zeit noch mit Säulen abwechseln. Die Kapitäle der Säulen streben 
nach Mannigfaltigkeit der Form; am häufigsten findet man das sog. Würfel- 
kapital, das unten kugelig ist und von der runden Säule zu den viereckigen Bogen- 
lagern überleiten soll. Die kleinen, oft paarweife gekuppelten und mit Glasmale- 
reien geschmückten Bogenfenster lassen in der Regel nur wenig Tageslicht 
durch, so daß im Innern des Gotteshauses ein beschauliches, das Gefühl der Welt- 
abgeschiedenheit hervorrufendes Halbdunkel herrscht. Die Außenwände werden 
durch Lisenen (hnlbpfeilerartige Mauerstreifen) nebst verbindenden Rundbogen 
sowie durch Bogenfriefe gegliedert, die Innenwände durch farbenreiche Bema- 
lungen verziert. Charakteristisch für den Romanischen Stil ist der halbkreisförmige 
Rundbogen. Das Ganze macht den Eindruck des Wuchtigen und Kraftvollen. 
Aus der Frühzeit des Romanischen Stiles stammen die Stiftskirche 
zu Gernrode (bei Quedlinburg), vom Markgrafen Gero (f. S. 71) gegründet, 
die Michaelskirche zu Hildesheim, die ihre Entstehung dem kunstsinnigen Bischof 
Bernward (f. S. 95) verdankt, und ältere kirchliche Bauwerke in Regensburg. 
Die gewaltigsten Denkmäler aus der B1 ü t e z e i t der romanischen Baukunst sind 
die großen Dome zu Mainz, Speyer, Worms und Braunschweig, ferner die 
Apostelkirche in Köln. Die malerische Abteikirche zu Laach (nordwestl. von 
Koblenz) hat einen hallenumschlossenen Vorhof, der an das alte Atrium (f. S. 52 
Anm.) erinnert. Von außerdeutschen Bauwerken ist am bekanntesten der Dom 
zu Pisa mit seinem (abseits stehenden) schiefen Turm. — Von weltlichen Bauten 
stammen aus jener Zeit die Kaiserpfalz zu Goslar (von Heinrich III. errichtet) 
und die älteren Teile, so das (ursprünglich zweistöckige) Herrenhaus, auf der 
Wartburg. 
4. Die Plastik entwickelt sich erst im 11. Jahrh. ans unbeholfenen Anfängen; 
nur langsam weicht die feierliche Ruhe der starren Gestalten einer mehr natür¬ 
lichen, ungezwungenen Haltung. Zu den ältesten Werken des Erzgusses gehören 
Lorenz, Geschichte für Gymnasien II. . 7
	        
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