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beiden ersten schlesischen Kriege des jungen Fritz kamen dazu, und der dritte, der
siebenjährige Krieg des alten Fritz, schlug diesem gelehrten Wesen auf dem Auer-
berge über dem Hoopthal völlig den Boden ein. Der Herzog Karl I. sah ein,
daß die Sache so nicht mehr ging. „Eine hohe Schule der Wilddiebe konve-
niret weder Uns noch Unsern in Gott ruhenden Ahnen," meinten Seine Hock-
sürstliche Durchlaucht und holten die Schule weg aus dem Walde.
Wer heute auf der Weser zu Berg oder zu Thal fährt, der bemerkt bei der
guten Stadl Holzminden ein stattliches Gebäude, auf dessen Giebel die Worte
stehen: „Deo et litteris“ (Gott und den Wissenschaften). In diesen Worten
wächst heute noch weiter, was im Jahre 1124 von den Cisterciensermönchen auf
dem Auerberge über dem Hoopthale und dem Brunnen des frommen Bruders
Amelung in den Boden gelegt worden ist. Aus der Klosterschule von Amelunr-
born ist ein berühmtes Gymnasium geworden, und der jedesmalige Rektor darf
sich immer auch noch Prior von Amelunrborn nennen und schreiben.
Wilhelm Raabe.
48. Andenken an Doktor Martin Luther.
Ein großer Schrank in dem prächtigen Mittelsaale der Bibliothek
zu Wolfenbüttel enthält unter andern sehenswürdigen Sachen auch
mehrere Andenken an Doktor Martin Luther. Da liegt zunächst ein
Dankbrief des großen Mannes an die Herzogin Elisabeth von Braun¬
schweig.
Weiterhin bewahrt die Bibliothek als ehrwürdiges Denkmal der
Sorgfalt, mit welcher Luther Zeit seines Lebens beflissen war, die von
ihm dem deutschen Volke geschenkte Übersetzung der heiligen Schrift zu
verbessern, seine Handbibel, die er mit zahlreichen, an den Rand und
zwischen die Zeilen geschriebenen Verbesserungen versehen hat. Eine
ähnliche Merkwürdigkeit ist der durchweg mit Erläuterungen von Luthers
Hand versehene Psalter, gedruckt zu Wittenberg 1513. Die handschrift¬
lichen Erklärungen weisen jene kleine, äußerst zierliche und an Ab¬
kürzungen überreiche Schrift, die ihm in früheren Jahren eigen war.
Außer diesen Schrift- und Druckdenkmälern sind dort noch andere
Lutherreliquien vorhanden. Da liegt ein Doppelbild Martin Luthers
und Katharina von Boras vom Meister Lukas Eranach im Jahre 1526
auf Holz gemalt unb zum Zusammenklappen gleich einem Buche ein¬
gerichtet.
Bei diesen Bilbern liegt ber silberne, teilweise vergolbete Reise-
lijffel Luthers. Der viereckig abgeplattete Stiel enbet in einem ver¬
zierten Knopfe; ber untere, zum Aufnehmen ber Speisen bestimmte Teil
ist kreisrunb. Auf seinem Grunbe ist eine mebaillenartige Verzierung
eingraviert. In unb neben bieser steht nicht allein bie Eigentumsmarke
M. L. samt ber Jahreszahl 1537, man liest bort auch bie Buchstaben:
V. D. M. I. JE. A. b. H. Verbum Domini Manet In Aeternum.
Amen. (Gottes Wort bleibet in Ewigkeit. Amen.)