Full text: Die Neubildung der europäischen Kulturwelt durch Christentum und Germanentum (Hauptteil 2)

Q Die das Mittelalter beherrschenden Hauptmächte. 
Gepiden, Heruler, Rugier, Skiren zc. zc.), östlich der Oder, und West- 
germanen (Jngväonen, Jstväonen und Hermionen), westlich der Oder. 
Zu den I n g v ä o n e n (an der Nordseeküste) zählten die Cimbern, die 
Angeln, die Teutonen, die Sachsen, die Langobarden^), die Chauken, die 
Friesen und die Bataver, zu den Jstväonen (gegen den Rhein hin) 
die Brukterer, die Usipeter, die Tenkterer, die Ubier, die Marser, die Su- 
gambrer und vielleicht auch die Chatten, zu den H e r m i o n e n (in 
Mittel- oder Jnnerdeutschlaud) die Semnonen, die Sueben, die Hermunduren, 
die Markomannen, die Quaden und vielleicht auch die Cherusker. Doch 
waren sowohl die Wohnsitze als die Grenzen der einzelnen Völkerschaften 
und Stämme nicht unbedingt fest, sondern verschoben sich wiederholt, 
so z. B. infolge der Cimbernwandemng. 
1. Kleidung, Wohnung und Lebensweise. Die Kleidung bestand ur- 
sprünglich wohl nur aus Tierfellen; später kamen wollene oder leinene Gewänder 
hinzu, die von den Frauen gewebt wurden. Das Gewand der Frau war meist 
ärmellos (mit Rücksicht auf die häusliche Tätigkeit) und bei Wohlhabenden mit 
Purpurstreifen durchwirkt. An den Füßen trug man Lederschuhe, die häufig bis 
über die Knöchel herauf mit Riemen verschnürt wurden. — Als Wohnung diente 
während der Wanderung eine Art Zeltwagen; bei dauerndem Aufenthalt er- 
baute man womöglich in der Nähe eines fließenden Wassers Hütten (Blockhäuser) 
aus Holz, Lehm oder Fachwerk und deckte sie mit Stroh oder Schindeln. Stall 
und Scheune befanden sich nicht selten unter demselben Dach wie das Haus. 
Um das Ganze lag in der Regel ein umzäuntes Hof- oder gartenartiges Grund- 
stück. Neben Einzelgehöften und Weilern gab es weitläufig angelegte Dörfer; 
Städte dagegen fehlten vollständig, denn das Leben in eng aneinander gereihten 
Häusern, wie es die alten Germanen bei den Kelten und Römern kennen lernten, 
war ihnen lange Zeit verhaßt. — Die Nahrung bestand in der Hauptsache aus 
den Ergebnissen der Viehzucht und der Jagd, also aus Fleisch, Milch und Käse; 
dazu kamen als Nebenkost Brot, Gemüse, Hülsen- und andere Früchte, Beeren, 
Wurzeln u. dgl. Als Lieblingsgetränke dienten Bier (aus Gerste ohne Hopfen), 
Obstwein und Met (aus Honig bereitet). — Die gewöhnliche Beschäftigung der 
freien Germanen waren Jagd und Krieg oder die Vorbereitung darauf, also 
körperliche und Waffenübungen, außerdem die Teilnahme am staatlichen Leben, 
an der Rechtspflege und an den öffentlichen Festen. Die Haus- und Feldarbeit 
überließen die Männer gerne den Frauen und Alten, den heranwachsenden Kin¬ 
dern sowie den Knechten und Mägden. 
2. Die Stellung der Frau entsprach derjenigen bei den Römern (in ihrer 
guten Zeit; vgl. Erster Hauptteil S. 153). Allgemein begegnete man den Frauen 
mit Achtung und Ehrfurcht, besonders den P r i e st e r i n n e n. Die Brautgabe, 
die der Mann seiner zukünftigen Gattin darbrachte, bestand in Rindern, einem 
Streitroß und einem Schild nebst Speer und Schwert, um anzudeuten, daß die 
Braut in den Pflichtenkreis eines Landwirtes und Kriegers eintrete. Das 
Familienleben war rein, die Kindererziehung streng. Frauen und Kinder 
1) Die Langobarden saßen ursprünglich an der unteren Elbe, schlössen sich aber wäh¬ 
rend der Völkerwanderung den Ostgermanen an.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.