Full text: Die Neubildung der europäischen Kulturwelt durch Christentum und Germanentum (Hauptteil 2)

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Die Zeit der sächsischen Kaiser. 
Rußland, Ungarn, Konstantinopel und Ägypten (Kairo) einfanden, wo- 
durch gewissermaßen die Weltstellung des sächsischen Kaiserhauses und 
des Deutschen Reiches auch äußerlich in Erscheinung trat. Bald darauf 
starb Otto d. Gr. zu Memleben und wurde im Dorne zu Magdeburg neben 
seiner ersten Gemahlin Edith beigesetzt. Der marmorne Sarkophag trägt 
die lateinische Inschrift: 
König war er und Christ und der Heimat herrlichste Zierde, 
Den hier der Marmor bedeckt: dreifach beklagt ihn die Welt. 
Von ehrfurchteinflößender, gebieterischer Erscheinung — selbst sein 
eigener Sohn, der junge Kaiser, nannte ihn in späteren Jahren gewöhnlich 
nur den „Löwen" —, hochbegabt und willensstark, vereinigte Otto d. Gr. 
Milde und Strenge, aufrichtige Frömmigkeit mit Liebe zu Kunst und 
Wissenschaft. Er hat das Ostfränkifche Reich, das unter Konrad I. aus¬ 
einanderzufallen schien und unter Heinrich I. eigentlich nur ein lose gefügter 
Bundesstaat war, wenigstens auf einige Zeit zu einem Einheitsstaat um¬ 
gebildet, den leistungsfähigen geistlichen Bcamtenstand geschaffen, durch 
die Erwerbung Italiens und der Kaiserkrone die Machtstellung Deutsch- 
lands gehoben, das deutsche Nationalgefühl gestärkt und die Germani¬ 
sierung der Slaveulaude wesentlich gefördert. 
Mit Recht sagt deshalb der Bischof Thietmar von Merseburg in seiner Chronik: 
„Post Carolum Magnum regalem cathedram nunquam tantus patriae rector 
atque defensor possedit". 
Otto n. (973—983). 
Otto II. war 18 Jahre alt, als ihn der Tod seines Vaters zur Regierung 
berief. Er Hatte eine vorzügliche Erziehung genoffen und besaß eine um¬ 
fassende allgemeine Bildung; auch fehlte es ihm nicht an Tatkraft, Kühn¬ 
heit und ritterlicher Gesinnung. Doch hinderte ihn ein früher Tod an der 
vollen Entfaltung feiner Gaben. Großen Einfluß auf den jungen Kaiser 
übte seine feingebildete und willenskräftige griechische Gemahlin. 
1. Innere Verhältnisse. Als bestimmend für Ottos innere Politik er- 
wies sich der Gegensatz zwischen der königlichen und der herzoglichen Linie 
des Herrscherhauses. Durch die Gunst Ottos I. war das Herzogtum Bayern 
so umfangreich geworden, daß es sich vom Fichtelgebirge bis zur Etfch- 
mündung und vom Lech bis zur March und Leitha erstreckte. Außerdem 
übte es großen Einfluß in Süddeutschland aus durch die verwandtsd)ast- 
liehen Beziehungen des Herzogshauses zu Schwaben und Burgund*). 
Deshalb steckte sich Otto II. nach dem Vorbilde seines Vaters, der das 
übergroße Herzogtum Lothringen zerlegt hatte, das Ziel: Schwächung 
!) Die Gemahlin des schwäbischen Herzogs, Hedwig (vgl. Viktor Scheffels Roman 
„Ekkehard"), war eine Schwester des Bayernherzogs Heinrich d. Zänkers, dessen Ge¬ 
mahlin Gisela eine burgundische Prinzessin (f. Stammtafel).
	        
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