Object: [Bd. 1 = 1. Schulj. [Schülerband]] (Bd. 1 = 1. Schulj. [Schülerband])

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am Leben geblieben war, erzählte, wie sie ihm mitgespielt hatten, 
da er ihnen doch nie etwas Leides getan, war des Rates Bescheid: 
des Werkes weiterer Bau gebühre ihm, denn gleich wundersam habe 
Gott die zwei Bösen vernichtet und ihn aus Lebensgefahr errettet; 
es stehe ihm auch frei ein Wahrzeichen dessen zu setzen. Darauf 
sagte der Baumeister: „Das sei ferne von mir; eher will ich der 
argen Tat Spur ganz verwischen!" Darauf war sein erstes, daß 
er das Fenster zumauerte. Die Sage aber konnt' er nicht vertilgen. 
Nach Fr. Trautmann. 
67. Der Meisterlrunk. 
Tapfer hatten sich die Rothenburger Bürger gegen das kaiser¬ 
liche Heer gewehrt, aber endlich geriet die Stadt doch in die Hände 
der Belagerer. Da suchte man den Sieger so milde als möglich zu 
stimmen und richtete dem Feldherrn Tillh und seinen Generalen 
ein stattliches Mahl auf dem Rathause zu. Dabei ward nun den 
Gästen in einem großen Humpen, der noch heutigen Tages zu sehen 
ist, Wein kredenzt vom Rothenburger Gewächs, dem besten. Wie 
nun Tillh den Becher an den Mund setzte, fand er den Wein ganz 
abscheulich und vermeinend, daß die Rothenburger ihm diesen Trank 
zum Spotte gereicht, ergrimmte er in Zorn und sprach zu Bürger¬ 
meister und Ratsherren: „Dieser euer Wein soll euch schlecht be¬ 
kommen; denn ich sage euch, wenn nicht einer von euch diesen 
Humpen auf einen Zug austrinkt, so seid ihr alle des Todes!" 
Und er ließ auch sogleich den Scharfrichter holen, daß er bereit 
stehe mit seinem Schwerte um einem nach dem andern den Kopf 
abzuhauen. Wie nun alle zauderten und entsetzt den Humpen an¬ 
blickten, denn der enthielt mehr des Weines, als sonst ein gesetzter 
Trinker zu sich nimmt, da trat der Bürgermeister Rusch hervor und 
sprach: „In Gottes Namen, ich will's versuchen!" Und er hob an 
und trank und trank mit einem Zuge das ganze Gefäß aus. Also 
sind Bürgermeister und Ratsherren mit dem Leben davongekommen 
und der Scharfrichter ist unverrichteter Dinge wieder abgezogen. 
Ein Rothenburger Meister hat diese Begebenheit in ein Spiel 
gebracht, seiner Stadt zu Ehren und Gedächtnis. Und da spielen 
die Bürger selbst mit und viel Volk kommt um zu sehen den Meister¬ 
trunk von Rothenburg. Nach L. A u e r b a ch e r und H. H e i n e r.
	        
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