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landsliebende Edle schlofsen 1768 die Confö deration zu Bar, 
allein das rufsiscke Heer zersprengte sie. 
Der erste Türkenkrieg (1768—74), durch flüchtige Polen 
angeregt, verschaffte dem sich auflösenden Staate einige Frist. 
Während Romanzow am Pruth siegte, segelte eine Flotte unter 
Orlow ins Mittelmeer, rief die Griechen zum Aufstand gegen 
ihre ungläubigen Unterdrücker und bedrohte, nachdem die tür¬ 
kische Flotte bei Scio und in der Bucht von Tschesme 1770 
vernichtet war, selbst Konstantinopel. Zu Lande drang Romanzow 
nach manchen Hemmnifsen von neuem über die Donau und schlofs 
den Grofsvezier in Schumla ein. Im Frieden zu Kontschuk 
Kainardge 1774 trat die Pforte die Festungen Kertsch und 
Jenikale ab, erklärte die krimischen Tartaren für unabhängig 
und gestattete die freie Schiffahrt im schwarzen Meer und durch 
die Dardanellen. Die Griechen wurden der Rache ihres Zwing¬ 
herrn preisgegeben. Inzwischen war 1772 die erste Teilung 
Polens vollzogen worden. Die Erkenntnis, dafs das von Bür¬ 
gerkrieg zerrissene Polen unfehlbar in Rufslands Hände fallen 
werde, und dafs für Preufsens Bestand die Wiedererwerbung 
ehemals deutscher Gebiete notwendig sei, bestimmte Friedrich d. 
Gr., der sich mit Joseph II befreundet hatte, auf die gemein¬ 
same Teilung hinzuwirken. Rufsland nahm das östliche Litthauen 
(2200 DM.), Oestreich Galizien und Lodomirien (1500 DM.), 
Preufsen Westpreufsen aufser Danzig und Thorn, das Erme- 
land und den Netzedistrict mit Bromberg (645 □M.). Rufsische 
Heere blieben in dem um ein Drittel verkleinerten König¬ 
reich. 
Friedrichs II Friedensregierung. Der bairische Erbfolgekrieg. 
§ 92. Die Taten des siebenjährigen Krieges machten 
Preufsen zur Grofsmacht, hoben das deutsche Nationalbe- 
wustsein dem Ausland gegenüber und bewirkten einen kräftigen 
Aufschwung des nationalen Geistes in der Litteratur, so fremd 
auch der König selbst dem deutschen Geistesleben blieb. Seine 
innere Staatsverwaltung ward für alle Länder Europas Muster 
und Anregung. Die Entwicklung und Hebung aller wirtschaft¬ 
lichen Kräfte des Landes war die unablässige Sorge des Königs. 
Durch Urbarmachung des Oder-, Warte- und Netzebruchs gewann 
er ausgedehnte Strecken für die Landwirtschaft, durch Anlegung 
von Kanälen (Finow-Kanal, Plauescher Kanal zwischen Elbe und 
Havel, Bromberger Kanal) und Gründung der Bank und der See- 
liandlung in Berlin diente er den Interessen des Handels, durch 
seine Fürsorge für das Fabrikwesen und Manufactur (Berliner Por¬ 
zellanfabrik, die Linnenweberei in Schlesien, Tuchweberei in 
der Mark) förderte er die Industrie. Auch durch Handelsmono¬ 
pole und Ausfuhrverbote glaubte er den Wolstand des Landes 
zu heben. Grofsartig war seine Reform der Rechtspflege, die
	        
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